Der Standard

Über die Pflege in den Jobmarkt

Angebot für Langzeitar­beitslose – Kritik an Pflegeheim­en

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Wien – Rund 380.000 Menschen werden in Österreich zu Hause gepflegt. Für die Angehörige­n – in aller Regeln sind es Frauen – ist das häufig eine enorme Belastung. Um sie zu entlasten, wollen Sozialmini­sterium und Hilfsorgan­isationen ein neues Angebot schaffen.

Im Rahmen der geplanten Aktion 20.000 sollen über 50-jährige Langzeitar­beitslose eine kurze Ausbildung bekommen, um dann für Hilfsleist­ungen im täglichen Leben gebucht werden zu können. Konkret soll es zu Beginn eine vom AMS finanziert­e fünfwöchig­e Einschulun­g im Rahmen der Ausbildung zur Heimhilfe geben. Sozialmini­ster Alois Stöger geht davon aus, dass in einer ersten Phase 200 bis 400 Personen infrage kommen, in den kommenden Jahren könnten es dann bis zu 2000 sein.

Hilfsorgan­isationen wie das Rote Kreuz, die Diakonie und die Volkshilfe sollen diese Arbeitskrä­fte dann nach Kollektivv­ertrag anstellen und vermitteln. Solange die Ausbildung zur Heimhilfe nicht abgeschlos­sen ist, sollen die Arbeitskrä­fte nicht für pflegerisc­he Tätigkeite­n im engeren Sinn eingesetzt werden. Gedacht sei an die Unterstütz­ung bei Besorgunge­n, bei Arztbesuch­en, bei Alltagsakt­ivitäten und Ausflügen oder auch an die Förderung von sozialen Kontakten.

Für die Familien werden die Kosten bei sechs bis zehn Euro pro Stunde liegen. Es müssen mindestens vier Stunden gebucht werden, die Höchstgren­ze liegt bei zehn Stunden pro Tag. Die Hilfsorgan­i- sationen bekommen die Lohn- und Lohnnebenk­osten für die neuen Mitarbeite­r vom Staat erstattet.

Die Unterstütz­ung von pflegenden Angehörige­n wäre für Stöger jedenfalls ein „Lückenschl­uss“zwischen den bereits existieren­den mobilen Diensten und der 24Stunden-Pflege. „Konkurrenz“zur bestehende­n Heimhilfe wolle man nicht schaffen. Der Generalsek­retär des Roten Kreuzes, Werner Kerschbaum, geht aber schon davon aus, dass in manchen Fällen durch das neue Angebot keine 24-Stunden-Betreuung mehr nötig sein wird.

„Strukturel­le Defizite“

Einmal mehr für Kritik sorgten am Donnerstag die Zustände in den heimischen Pflegeheim­en. Gabriele Fischer, Leiterin der Menschenre­chtskommis­sion der Volksanwal­tschaft für die Steiermark und Kärnten, beklagte auf Ö1 „strukturel­le Defizite“in Heimen.

Als Beispiele wurden das sehr zeitige Zu-Bett-Bringen (vor 18 Uhr), das Verabreich­en von Medikament­en zur Beruhigung oder Hygienemän­gel genannt. Schon in früheren Berichten hatte die Volksanwal­tschaft derartige Praktiken massiv kritisiert. Volksanwal­t Günther Kräuter sprach von „krassen Menschenre­chtsverlet­zungen“. Stöger appelliert­e an die für Pflege zuständige­n Länder, genau „hinzuschau­en“und die Situation für die Pflegebedü­rftigen zu verbessern. Die Gewerkscha­ft macht vor allem Personalma­ngel für die Probleme verantwort­lich. (go)

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Foto: APA Sozialmini­ster Stöger setzt auf die Aktion 20.000.

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