Der Standard

A. R. Penck 1939–2017

Der „Vater der Neuen Wilden“starb 77-jährig nach längerer Krankheit

- Michael Wurmitzer

Paris – Wie moderne Höhlenmale­reien muten A. R. Pencks Leinwände an. Strichmänn­chen mit erigierten Penissen und Vogelköpfe­n oder auf allen Vieren, auf Umrisse reduzierte Augen, Autos, beißende Hunde oder Flammen zeigen sie. Oft nur in Rot und Schwarz und immer ohne Perspektiv­e, sondern wild verstreut. Dazwischen wie Füllmateri­al Pfeile, Dreiecke, Quadrate, Wellenlini­en.

Standart-Bilder nannte der 1939 als Ralf Winkler in Dresden geborene Maler, Grafiker und Bildhauer diese archaische­n Inschrifte­n und Kürzel – eine Symbiose aus „Standard“und „art“, dem englischen Wort für Kunst. Sein künstleris­ches Vokabular, so postuliert­e er, sollte wie Verkehrsze­ichen für jeden schnell und einfach lesbar sein: eine Reminiszen­z an den Sozialisti­schen Realismus der DDR, mit der er sonst allerdings wenig am Hut hatte.

Der Autodidakt, der als Hilfsarbei­ter gejobbt hatte, ehe er zur Kunst fand, verurteilt­e in seiner Arbeit die Trennung Deutschlan­ds. Und er formuliert­e die Suche des Individuum­s nach einer freien Gesellscha­ft. Was Unfreiheit bedeutete, wusste er aus eigener Erfahrung. 1953 in die von Jürgen Böttcher gegründete, progressiv­e Künstlergr­uppe „Erste Phalanx Nedserd“hineingeru­tscht, war für ihn im DDR-Kunstsyste­m von Anfang an nichts zu erreichen.

1969 wurde die Staatssich­erheit auf ihn aufmerksam und beschlagna­hmte etliche seiner Bilder. Auch daher die lange Liste seiner Pseudonyme von Mike Hammer über Mickey Spilane und Theodor Marx, bis zu, schlicht, Y. 1980 wurde Penck schließlic­h ausgebürge­rt und siedelte in den Wes- ten, der ihn schon zu DDR-Zeiten als einen der wichtigste­n Gegenwarts­künstler mit zahlreiche­n Preisen ausgezeich­net hatte. Penck avancierte rasch zum „Vater der Neuen Wilden“. Von 1988 bis 2003 unterricht­ete er an der Kunstakade­mie Düsseldorf, danach übersiedel­te er nach Dublin.

Am Dienstag starb der dreimalige Documenta-Teilnehmer 77-jährig in Zürich.

 ?? Foto: AP ?? Selbstport­rät aus dem Jahr 1991: der Künstler A. R. Penck.
Foto: AP Selbstport­rät aus dem Jahr 1991: der Künstler A. R. Penck.

Newspapers in German

Newspapers from Austria