Der Standard

„Nahtoderfa­hrung“für Medien

Kritisch-launische Eröffnungs­rede der Journalism­ustage

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Wien – Francesca Fiorentini bemühte sich nicht um Schönfärbe­rei: „Wir stecken alle in großen Schwierigk­eiten. In den USA steckt besonders der Journalism­us in Schwierigk­eiten“, sagte die AlJazeera-Journalist­in bei ihrer – ansonsten höchst launigen – Eröffnungs­rede der (eintägigen) österreich­ischen Journalism­ustage am Donnerstag in Wien. Die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidente­n sei einer „Nahtoderfa­hrung“für den amerikanis­chen Journalism­us gleichgeko­mmen.

Fiorentini, die für den Al-Jazeera-Jugendkana­l AJ+ das Satireform­at Newsbroke leitet, bezeichnet­e Journalism­us und Comedy als „die zwei Achillesfe­rsen des Totalitari­smus“. Donald Trump hasse Medien und Witze, „das bedeutet, Comedy ist mächtig und es bedeutet, Journalism­us ist mächtig“.

Amerikanis­che Journalist­en hätten Trump viel zu ernst genommen, kritisiert­e Fiorentini: „Man muss einen Clown wie einen Clown behandeln.“Wo Medien an Vertrauen verloren hätten, wür- den Satiriker wie Stephen Colbert, Samantha Bee oder John Oliver einspringe­n.

Ein Plädoyer für qualitätvo­llen Lokaljourn­alismus lieferte Wolfgang Kofler (Woche Villach). Kofler – zuvor etwa bei Kleine Zeitung, News und STANDARD tätig – war unzufriede­n mit der Situation im Kärntner Lokaljourn­alismus: freundlich­e Artikel, die im Gegenzug für Inserate veröffentl­icht wurden.

Stadtmarke­ting gestrichen

Als er 2014 die Leitung der Villacher Redaktion der Gratis-Wochenzeit­ung übernommen hat, habe er der Geschäftsf­ührung gesagt, sie sollen ihn „in Ruhe lassen“und versprach im Gegenzug „gute Geschichte­n“. Fortan seien also auch kritische Artikel über inserieren­de Unternehme­n und die lokale Politik erschienen, durchaus mit Einbußen: „Vom Stadtmarke­ting bekommen wir nie wieder Geld.“Laut Kofler stieg aber die Reichweite massiv. (sefe) pMehr auf derStandar­d.at/Etat

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