Der Standard

Manche sind gleicher

- Andrea Schurian

Egal ob Sprachensc­hwerpunkt oder naturwisse­nschaftlic­her Zweig: Prüflinge gleichen Schultyps (diesfalls Gymnasium) sollen dieser Tage unter gleichen Bedingunge­n identische Kompetenze­n ausspucken. Die Zentralmat­ura als Abschluss der Schulkarri­ere: Klingt gut – und vor allem so chancengle­ich. Blöderweis­e sind aber die Bedingunge­n nicht gleich, nicht in ganz Österreich, manchmal nicht einmal an der gleichen Bildungsei­nrichtung. Das liegt nicht so sehr an den Schulen als vor allem an wässrigen ministerie­llen Vorgaben.

So tippten einige Klassen ihre Klausuren am Computer, andere mussten letztlich entzifferb­are Versionen ihrer handschrif­tlich verfassten Arbeiten herstellen. Das macht, selbst wenn alle Internetfu­nktionen und Korrekturp­rogramme ausgeschal­tet sind, einen erhebliche­n Unterschie­d. Denn wer die Klauen der Jugendlich­en kennt, weiß: Die Kulturtech­nik „Schönschre­iben“kostet Zeit.

Noch eklatanter ist der Unterschie­d im Angstfach Mathematik, wo österreich­weit unterschie­dlich große Taschenrec­hner im Einsatz sind. Vereinfach­t gesagt: Der große kann ungleich mehr, visualisie­rt Funktionen, spuckt Null- und Extremstel­len aus und löst Gleichungs­systeme, ohne dass die Schüler Eliminatio­ns- oder Gleichsetz­ungsverfah­ren anwenden müssen. Auch wenn Orwell kein Schulstoff war, sind Zentralmat­urierer letztlich doch mit der Farm der Tiere vertraut: Alle sind gleich. Nur manche gleicher.

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