Frau Nitsch muss 290.000 Euro Strafe zahlen
Weil sie fast eine Million Euro an Steuern hinterzogen hat, wird die Ehefrau von Künstler Hermann Nitsch zu einer Geldstrafe verurteilt. Generalpräventive Gründe für eine bedingte Haft sieht der Senat nicht.
Korneuburg – Was ist die Konsequenz, wenn man vier Jahre lang Umsatz- und Einkommensteuer im Ausmaß von rund 970.000 Euro hinterzieht? Der Prozess gegen Rita Nitsch, Gattin von Künstler Hermann Nitsch, bietet eine Antwort. Der Schöffensenat am Landesgericht Korneuburg unter Vorsitz von Lydia Rada entscheidet nicht rechtskräftig, dass keine bedingte Haftstrafe nötig ist, sondern eine Zahlung von 290.000 Euro ausreicht.
Das Verfahren gegen die 60-jährige Unbescholtene dauert nur rund 30 Minuten. Nitsch ist seit Beginn der Ermittlungen geständig, auch jetzt bekennt sie ihre Schuld ein. Das Interessanteste an dem Fall ist die Vorgeschichte, die Staatsanwalt Ronald Schaffer erzählt. Im März 2013 gab es einen Einbruch im Nitsch’schen Schloss. Bei der Polizei sagte die Angeklagte, es seien 400.000 Euro in bar und Schmuck im Wert von 100.000 Euro gestohlen worden.
Den Fähigkeiten der niederösterreichischen Kriminalbeamten scheint Frau Nitsch misstraut zu haben. Sie engagierte auch einen mittlerweile verstorbenen Privatdetektiv. Dem sie verriet, dass tatsächlich 1,2 bis 1,3 Millionen Euro Bargeld abhandengekommen seien, der Schmuck sei 200.000 Euro wert gewesen.
Der Hintergrund war, dass sie Bilder ihres Mannes steueroptimiert, soll heißen schwarz, verkauft hatte. Pech: Bald darauf zerstritt sie sich mit dem Privatermittler, der sie dann anzeigte.
Nach jahrelangen Ermittlungen kam die Finanz zum Schluss, dass für den Zeitraum 2006 bis 2012 eine „Finanzierungslücke von 1,7 Millionen Euro“besteht. Nitsch betont, die Schwarzverkäufe hätten nur bis 2010 gedauert, da seit damals die HermannNitsch-Foundation die Transaktionen abwickle.
Vorsitzende Rada verschafft sich zunächst einen Einblick in den internationalen Kunstmarkt. „Wer hat denn die Preise gemacht?“, interessiert sie. „Da gibt es mehrere Faktoren. Galerien, die Foundation. Und teilweise der Markt, etwa bei Auktionen.“
Die Psychologin beteuert, ihr Mann, der als Zuseher im Saal sitzt, habe von nichts gewusst. Noch etwas betont sie: „Wir haben durchaus auch Steuern gezahlt.“– „Das hätte Ihnen auch niemand geglaubt, wenn Sie gar keine Steuern gezahlt hätten“, entgegnet Rada lächelnd.
Auf Zeugen wird verzichtet. Der Staatsanwalt modifiziert noch die Anklage – und entfernt zunächst überraschenderweise den Vorwurf der Gewerbsmäßigkeit. Der Grund ist ein juristischer – vereinfacht gesagt liegt es daran, dass das Ehepaar eine Gütertrennung und keine Gütergemeinschaft hat.
Aus spezialpräventiven Gründen sei eine bedingte Haft nicht notwendig, begründet Rada. Nachdem sie erwischt wurde, hat Frau Nitsch bei der Aufklärung geholfen und mittlerweile die gesamte Steuerschuld beglichen.
Seltsamerweise sieht Rada auch keine, sonst gerne strapazierten generalpräventiven Gründe. Während praktisch jeder Diebstahl zumindest mit bedingter Haft geahndet wird, gilt das nicht, wenn man der Allgemeinheit fast eine Million Euro Abgaben vorenthält.