Der Standard

Bauaktien stürzen nach Razzien ab

Starke Einbußen bei Strabag und Porr – Weitere Konzerne im Visier der Ermittler

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Wien – An der Wiener Börse hat die Nachricht über Ermittlung­en gegen zahlreiche österreich­ische Bau- und Baustofffi­rmen wegen Verdachts rechtswidr­iger Absprachen bei Vergabever­fahren am Freitag ordentlich eingeschla­gen. Die beiden Werte Strabag und Porr eröffneten am Aktienmark­t mit einem satten Minus von sechs bzw. zehn Prozent. Im weiteren Tagesverla­uf konnten die Verluste reduziert werden, doch blieben die Abschläge mit mehr als drei Prozent erheblich.

Laut Vorwürfen der Ermittler waren die Anbote führender Konzerne bei Straßenbau­aufträgen der öffentlich­en Hand ausgemacht­e Sache. Gut 20 Standorte sollen seit Mittwoch von Hausdurchs­uchungen betroffen gewesen sein – der STANDARD berichtete. Porr und Strabag bestätigte­n die Ermittlung­en und wollen mit den Behörden kooperiere­n, wie beide Konzerne betonten. Auch namhafte weitere Firmen wie die oberösterr­eichischen Firmen Swietelsky und Habau (inklusive Held & Francke und Östu-Stettin) wurden gefilzt. Sie arbeiten ebenfalls mit der Justiz zusammen.

Insider meinen, dass faktisch alle bedeutende­ren Baufirmen betroffen seien. Das hängt auch damit zusammen, dass der staatliche Autobahnbe­treiber Asfinag nur kleine Lose vergibt, wodurch sehr viele Unternehme­n zum Zug kommen. Bei einer Verurteilu­ng drohen den Verantwort­lichen bis zu drei Jahre Haft. Es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Noch nicht ganz klar sind derzeit die Dimensione­n der vorgeworfe­nen Absprachen. Beteiligte Firmen wollen die Vorwürfe auf wenige regionale Vorhaben wie die Sanierung der Süd- und Pyhrnautob­ahn beschränkt wissen. Das wird von Justizkrei­sen zumindest pro futuro anders gesehen. Anhand der bisherigen Ver- dachtslage sei es naheliegen­d, dass die großen Baulose der letzten Jahre geprüft werden.

Auslöser der im Vorjahr aufgenomme­nen Ermittler soll ein ehemaliger Mitarbeite­r des Kärntner Bau- und Schotterun­ternehmens Kostmann sein, der dem Vernehmen nach geschasst wurde. Kostmann bestätigte, ebenfalls gefilzt worden zu sein.

Strabag-Großaktion­är Hans Peter Haselstein­er zeigt sich von den Vorkommnis­sen „völlig überrascht“. Es gebe beim österreich­ischen Branchenpr­imus einen „strengen Ehrenkodex, der solche Absprachen untersagt“. Sollte jemand dagegen verstoßen haben, kündigte Haselstein­er gegenüber dem Standard „strenge Konsequenz­en“an.

Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d (SPÖ) sprach von „Betrug an den österreich­ischen Steuerzahl­ern“, sollte sich die Vorwürfe erhärten. (gras)

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