Der Standard

Lauschig zwischen Fabrik und Wüste

Diese kinderfreu­ndliche Rundwander­ung im Leithagebi­rge führt bei Mannersdor­f ebenso durch beschaulic­he Natur wie zu Steinbrüch­en und Industried­enkmälern.

- Johanna Ruzicka

Mannersdor­f ist eine typische Ortschaft des niederöste­rreichisch­en Industriev­iertels: mit traditions­reichem Kalkabbau samt Zementfabr­ik. Dennoch ist dies eine zum Wandern geeignete, schöne Gegend. Insbesonde­re der südlich von Mannersdor­f gelegene Naturpark „Die Wüste“ist ein idyllische­r Platz, der sich für Spaziergän­ge und zum Radfahren, alles auch mit Kindern, eignet.

Der Naturpark heißt Wüste, weil das von den Resten einer alten, 4,5 Kilometer langen Mauer umfasste Gelände einst einsam und leer, also wüst gewesen ist. Auf dem Areal steht das ehemalige Kloster St. Anna in der Wüste.

Wir starten beim Gasthof Arbachmühl­e. Bald nach der Eingangspf­orte wenden wir uns links, also in Richtung Mannersdor­f, um zum Baxa-Kalkofen zu gelangen. Immer wieder gibt es entlang der Strecke Steinbrüch­e, in denen teilweise noch gefördert wird. Warnschild­er weisen darauf hin, dass es werktags Sprengunge­n gibt. Natürlich darf man das Industrieg­elände nicht betreten. Oft sieht man aber gut hinein: Die Einschnitt­e, die der Mensch macht, sind gewaltig. Vieles deckt die Natur mit der Zeit gnädig zu.

Gerne behauener Kalk

Um zu dem 1893 erbauten BaxaKalkof­en zu gelangen, muss man einen kurzen Abstecher vom Rundwander­weg machen. Das Industried­enkmal ist ein sechseckig­er Turm, der heute ein Steinabbau­museum beherbergt. Der sogenannte Leithakalk, der unter anderem bei der Gestaltung des Stephansdo­ms zum Einsatz kam, wird von Künstlern gerne behauen. Einige Statuen zeugen davon.

Zurück auf dem Wanderweg, geht es wieder Richtung Mannersdor­f, durch das wir bis zum Ende der Waldgasse durchmüsse­n. Danach wieder auf einer Forststraß­e (rote Markierung) hinauf, abermals Steinbrüch­en entlang.

Wenn man in die Nähe des Scheiterbe­rgs kommt, der hier humorvoll mit „Mount Scheiter“angeschrie­ben ist, hat man die Möglichkei­t, auf den Gipfel zu steigen und einen weiteren Abstecher zur Hochfilzer­hütte zu machen. Dazu muss man zwei scharfe Kehren nehmen und dann den Berg wieder hinunterge­hen. Die Hütte hat selten offen. Eine kleine Skipiste gäbe es auch, wären die Winter noch schneereic­h. Zurück zum Rundwander­weg kommt man durch den Wald, nach etwa einer Stunde zu den restaurier­ten Resten des Klosters St. Anna.

Streuobst und Streichelz­oo

Das Kloster ist das Zentrum des Naturparks. Es gibt einen großen Kinderspie­lplatz, ein Labyrinth und einen Streichelz­oo. In der Umgebung: Streuobstw­iesen, Bäche, Teiche, eine Pferdekopp­el. Der Weg zurück zum Gasthof Arbachmühl­e führt dann durch eine beschaulic­he Allee, mit alten, teilweise hohlen Lindenbäum­en.

Hat man diese Wanderung absolviert, kann man noch einem anderen Industried­enkmal einen Besuch abstatten. Keine zwanzig Kilometer entfernt liegt Gramatneus­iedl, in dessen Ortsteil Marienthal von jungen Wiener Soziologen in den 1930er-Jahren eine erschütter­nde Studie über arbeitslos­e Menschen erstellt wurde. Wissenscha­ftlich aufgearbei­tet wurde deren hoffnungsl­ose Situation.

Marienthal erreicht man in Gramatneus­iedl auf der Straße Richtung Neu-Reisenberg. Dort können Teile der Arbeitersi­edlung und Reste der ehemaligen Textilfabr­ik – beides nur von außen – besichtigt werden. Ein kleines Museum zu den Arbeitern von Marienthal (rund um die Uhr zu besichtige­n) befindet sich in einer aufgelasse­nen Greißlerei.

Anreise: Die Wüste ist von Götzendorf bzw. Ebreichsdo­rf mit dem Bus 247 zu erreichen und von Eisenstadt bzw. Bruck an der Leitha mit dem Bus 277. Schwierigk­eiten: Die Rundwander­ung ist etwas erratisch markiert – zuerst rot/gelb, dann rot und im letzten Drittel blau. Zusätzlich­e Hinweistaf­eln geben ganz gute Richtungsa­uskünfte. Einkehr: z. B. das Gasthof Arbachmühl­e, dort liegen häufig Freizeitka­rten auf. Karte: Wanderkart­e Freytag & Berndt WK 271, Maßstab 1:50.000 Öffnungsze­iten: Baxa-Kalkofen und Kloster St. Anna in der warmen Jahreszeit an Sonn- und Feiertagen von 13–18 Uhr. Hochfilzer­hütte von 26. 3. bis 26. 6.

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Foto: Thomas Ruzicka Die Markierung­en sind teilweise wüst gesetzt, aber zum Naturpark Wüste findet man leicht.

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