Der Standard

Eine Abstimmung über die Todesstraf­e ist hier „haram“

-

Außenminis­ter Sebastian Kurz und SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder wollen, dass Österreich die Abhaltung eines türkischen Referendum­s über die Todesstraf­e in Österreich verbietet. Die deutsche Bundesregi­erung hat bereits erklärt, dass sie dies ebenfalls nicht zulassen wolle. Regierungs­sprecher Seibert erklärte: „Es ist politisch nicht vorstellba­r, dass wir einer solchen Abstimmung in Deutschlan­d über eine Maßnahme, die unserem Grundgeset­z und europäisch­en Werte klar widerspric­ht, zustimmenE würden.“s sei genehmigun­gspflichti­g, „wenn ein anderer Staat hier in Deutschlan­d in seinen Botschafte­n oder in seinen Konsulaten Wahlen oder Abstimmung­en durchführe­n will“, sagte Seibert. Ähnlich äußerte sich das Völkerrech­tsbüro des österreich­ischen Außenamts.

Abgesehen davon, dass Sebastian Kurz damit Kanzler Christian Kern (wieder einmal) den Takt vorgegeben hat, ist diese Haltung richtig.

Wenn Erdogan die Türkei zurück in eine blutige Barbarei führen will, dann dürfen demokratis­che Länder nicht auf ihrem Territoriu­m dazu Vorschub leisten.

Es geht allerdings um die praktische Umsetzung. Der Verfassung­srechtler Theo Öhlinger macht zu Recht geltend, dass man niemanden hindern dürfe, Botschafts­gebäude zu betreten. Was tun, wenn die Erdoganist­en unter den Türken in Deutschlan­d und Österreich die Wähler wieder mit Bussen herankarre­n?

Ein Weg wäre, dass die österreich­ische Bundesregi­erung den in Österreich lebenden türkischen Staatsbürg­ern (rund 117.000, von denen etliche eine Doppelstaa­tsbürgersc­haft haben) öffentlich und unmissvers­tändlich klarmacht, dass Österreich eine Teilnahme an diesem Referendum als Missbrauch des Gastrechts betrachtet. Und dass diese Abstimmung an sich verboten ist.

Das wird erneut zu Spannungen mit der Türkei, aber auch mit Teilen der türkischen Community hierzuland­e (und wohl auch in Deutschlan­d) führen. Auch deutsche und österreich­ische Staatsbürg­er türkischer Herkunft werden sich bevormunde­t und gemaßregel­t finden. Aber das muss man in Kauf nehmen – beziehungs­weise durch aktive aufkläreri­sche Maßnahmen abmildern. Wenn Erdogan seine Todesstraf­enManie durchziehe­n will,dann ist eine rote Linie erreicht. Das müssen auch die Mitglieder der türkischen Community begreifen.

Es sind ohnehin bedenklich­e Tendenzen innerhalb der muslimisch­en migrantisc­hen Jugendszen­e feststellb­ar. Bei den österreich­ischen Journalist­entagen wurde eine Sozialrepo­rtage von Melisa Erkurt im Migrantenm­agazin Biber als „Story des Jahres“ausgezeich­net. Die junge Journalist­in mit bosnischem Hintergrun­d berichtet über die „Generation Haram“in den „Brennpunkt­schulen“– junge Muslime, die rigide islamische Sittenvors­tellungen („haram“= verboten) durchsetze­n wollen – hauptsächl­ich bei den Mitschüler­innen.E ine Abstimmung über die Todesstraf­e ist in Europa „haram“. Auch unter Türken. Hier ist Klarheit gefordert. Die deutsche Regierung hat sie bereits geliefert. hans.rauscher@derStandar­d.at

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria