Der ORF – von innen bedroht
Man kann die Anstalt vielfach kritisieren, fundamental gefährden darf man sie nicht
Es ist gut, dass es den ORF gibt. Trotz berechtigter Kritik an Entwicklungen, wie etwa der Fehlentscheidung, Ö1 aus dem Funkhaus zu verbannen. Trotz gewisser Schwächen vor allem der außenpolitischen Berichterstattung, die differenzierte Annäherungen an komplexe Themenbereiche wie den Syrienkrieg manchmal schmerzlich vermissen lässt. Und nicht zuletzt trotz parteipolitischer Zugriffe, die bei ORF-Journalisten zum Glück immer wieder ins Leere gehen.
Gerade im Radio- und Informationsbereich hat die Ära von Generaldirektor Alexander Wrabetz den Redakteuren des Hauses einen beträchtlich größeren Spielraum beschert. Klagen über politi- schen Druck von außen, wie sie vor allem in der Phase der schwarz-blauen Regierung noch häufig waren, sind heute eher selten zu hören. Gefahr lauert offenbar nun verstärkt von innen.
So geraten nun auch ORF-intern profund kritische Interviews, wie sie etwa vom stets gut vorbereiteten ZiB 2- Anchor Armin Wolf geführt werden, ins Visier. Die Äußerungen werden nicht nur innerhalb des ORF als Attacken gegen kritischen und investigativen Journalismus empfunden. Sie werden als demokratiepolitisch höchst bedenkliche Erscheinungen wahrgenommen. In dieselbe Kerbe schlägt ORF-Urgestein Peter Huemer. Bei der ConcordiaPreisverleihung im Parlament in Wien hat er angesichts der Bedrohung von Freiheit und Unabhän- gigkeit des ORF zur Wachsamkeit aufgerufen.
Das System des öffentlichrechtlichen Rundfunks hält der renommierte Journalist „für das bestmögliche und menschenwürdigste“, weil es die Menschen ernst nehme. Beim uralten Konflikt „unabhängiger Journalismus versus Parteieneinfluss“gehe es um „ eine Frage unserer Demokratie. Denn dass die Verfasstheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks demokratiepolitisch wichtige ist, sollte außer Zweifel stehen. Wer es anders sieht, hat ein anderes Demokratieverständnis.“
Es ist also (doch) gut, dass es den ORF gibt.
UDO BACHMAIR war ORF-Redakteur und Moderator. Er ist Präsident der Vereinigung für Medienkultur.