Apokalypse jetzt
Sie werden unsere Gesellschaft auf den Kopf stellen und unser Dasein verändern. So viel ist sicher. Aber wird die von Robotern gestaltete Zukunft von Konflikten oder von Kooperation geprägt sein? ESSAY:
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht eine aktuelle Nachricht, eine Forschungsstudie oder ein Geschäftsbericht feststellt, dass die Roboter-Apokalypse unmittelbar bevorsteht. Es ist dies der seltene Fall, dass Akademiker, Unternehmer, Journalisten und Politiker in Angst, Staunen und Erwartung vereint sind. Kein Arbeitsplatz wird sicher sein, wird uns gesagt. Kein Teil der Gesellschaft wird verschont werden. Die Roboter-Apokalypse kommt, und unser gesamtes Dasein – wie wir denken, arbeiten, leben – wird verändert werden.
Wie viel Zeit haben wir noch? Nicht viel, wie es scheint. Es könnten fünf Jahre sein. Oder zehn. Es könnte morgen sein. Oder heute. Sollen wir uns Sorgen machen? Diese Frage entzweit weiter die Meinungen. Wird die von Robotern gestaltete Zukunft von Konflikt oder von Kooperation geprägt sein? Das Urteil steht noch aus.
Unsere Beziehung zu Robotern ist wie ein Fall von Schizophrenie. Einerseits sehen wir intelligente Maschinen als wundersame, zeit- sparende Werkzeuge, die unser Leben leichter, schneller und effizienter machen und uns ein Leben in Freizeit und Luxus ermöglichen werden. Andererseits werden diese Roboter als eine gegnerische Kraft dargestellt, die unsere Gesellschaft auf den Kopf stellen wird. Bestenfalls werden die Massen arbeitslos; schlimmstenfalls werden wir aussterben.
Menschen gegen Maschinen
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt uns, dass diese Angst nicht neu ist. Die Furcht – die Fantasie –, dass diese unsere Schöpfungen sich erheben und uns zu Fall bringen werden, kann bis ins antike Griechenland zurückverfolgt werden. Pandora war die erste von den Göttern auf Anordnung von Zeus erschaffene Frau. Sie war mit vielen Gaben ausgestattet – Geist, Rede, Schönheit, Stärke –, doch sie war „verführerisch unaufrichtig“und öffnete bald die Büchse, aus der alles Übel kam.
In der modernen Science-Fiction werden immer wieder verschiedene Varianten dieser Geschichte erzählt. 1818 belebte Mary Shelley die Erzählung mit ihrer Gothic Novel Frankenstein oder Der moderne Prometheus. Heute ist die Idee, dass wohlwollende Erfindungen uns überflüssig machen, der Grundstock fast aller Filme, die mit Robotern zu tun haben, von Matrix (2001) und iRobot (2004) bis Her (2013) und Ex Machina (2015).
Die RoboterApokalypse ist allerdings nicht mehr nur ein Thema für Science-Fiction. Sie ist Spitzenmeldung. Sogar eine seriöse Zeitung wie die Financial Times – die sonst gegen Sensationalismus gefeit ist – enthält Artikel mit Sätzen wie: „Roboter holen sich unsere Jobs, und wir müssen uns verteidigen.“Der Guardian hat vor kurzem gefragt: „Sind noch irgendwelche menschlichen Tätigkeiten vor Automatisierung geschützt?“Alle sind wie im Rausch.
Aber diese Medienhysterie ist nichts Neues. Vor einem halben Jahrhundert, im Jahr 1965, hatte Newsweek eine Titelgeschichte über die „Herausforderung der Automatisierung“. Damals war Automatisierung nicht viel mehr als ein elektronisches Ding, das sich bewegen konnte, eine Rolltreppe etwa oder ein Lift. Dennoch gab es Gründe, sich Sorgen zu machen. „Geschäftsleute lieben es. Arbeiter fürchten es. Die Regierung ist beunruhigt und untersucht und fragt sich, was man tun kann“, schrieb der Reporter. In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Wirtschaft tatsächlich sehr verändert – doch was wir erlebten, war eine beispiellose Wachstumsperiode.
Ungeachtet solcher historischer Präzedenzfälle insistieren heutige Kommentatoren, dass es diesmal wirklich – wirklich! – anders ist. Dies ist nicht die neueste Verkörperung eines immer wiederkehrenden Albtraums. Dies ist keine Probeaufführung. Das ist die wirk- liche Wirklichkeit. Ja, stimmt schon, die Massen, die nicht mehr in der Landwirtschaft arbeiten konnten, fanden Beschäftigung in Fabriken; ja, es gab die Ausweitung des Dienstleistungssektors. Aber die kommende Roboter-Apokalypse wird nicht so einfach sein. Die Zukunft ist da, und sie ist beängstigend.
Wenn wir von Robotern sprechen, meinen wir normalerweise zweierlei. Es gibt die physischen Roboter: die Maschinen, die bei der Automobilproduktion helfen, die Bänder, die unsere Koffer befördern, die Bankomaten oder Kassen in Banken und Supermärkten. Und dann gibt es die virtuellen Roboter: die unsichtbaren Algorithmen, die es Maschinen ermöglichen, Aufgaben zu erledigen, ob es um Google-Resultate geht, um selbstfahrende Autos – die von physischen Robotern gebaut wurden – oder darum, uns ein Buch zu empfehlen.
Beide sind „Bedrohungen“der traditionellen Formen von Arbeit, und bestimmte Jobs sind schon aus der Welt wegautomatisiert
Die Furcht – die Fantasie –, dass diese unsere Schöpfungen sich erheben und uns zu Fall bringen werden, kann bis ins antike Griechenland zurückverfolgt werden.