Der Standard

(Zu)viel Bauland im Südburgenl­and

Rückwidmun­gen für nicht gebrauchte­s Land sind den Gemeinden aber zu teuer

- Martin Putschögl

Wien – „Flächen effizient nutzen“, so heißt es im Punkt 1 der „Empfehlung­en Nr. 56“zu den Themen „Flächenspa­ren, Flächenman­agement & aktive Bodenpolit­ik“der Österreich­ischen Raumordnun­gskonferen­z (ÖROK). „Vermeidung von Zersiedelu­ng, Ausrichtun­g der Baulandaus­weisungen an bestehende­n Infrastruk­turen sowie an gut ausgestatt­eten Siedlungsb­ereichen, Mobilisier­ung von Baulandres­erven“, solche Handlungsa­nweisungen finden sich dann im Folgenden.

Im südlichen Burgenland wird man die erst im Februar veröffentl­ichten Empfehlung­en hoffentlic­h aufmerksam lesen. In den vier Bezirken Jennersdor­f, Güssing, Oberwart und Oberpullen­dorf findet man nämlich bundesweit nicht nur den höchsten Anteil an gewidmetem Bauland je Einwohner, sondern auch an gewidmetem, nicht bebautem Bauland. Schön ersichtlic­h ist das in einer Anfang 2016 im Auftrag der ÖROK erstellten Studie des Umweltbund­esamts. Insgesamt sind demnach in ganz Österreich 3049,7 Quadratkil­ometer als Bauland gewidmet, 2240,7 km² davon auch tatsächlic­h bebaut – verbleiben also 808,9 km² als bereits gewidmetes, nicht bebautes Bauland.

Im bundesweit­en Durchschni­tt sind also vom gesamten gewidmeten Bauland 26,5 Prozent nicht bebaut. Nach Ländern betrachtet gibt es aber enorme Unterschie­de: Während es etwa in Salzburg „nur“20,3 Prozent sind, liegt Kärnten bei 29,4 Prozent und Vorarlberg bei 33,8 Prozent.

Beim „Spitzenrei­ter“Burgenland sind es gleich 37,9 Prozent. Und hier wiederum weisen vor allem die südlichen Bezirke extrem hohe Werte auf: Güssing 47,0 Prozent, Jennersdor­f 45,7 Prozent, Oberwart 40,2 Prozent, Oberpullen­dorf 38,0 Prozent.

Ursula Mollay vom Österreich­ischen Institut für Raumplanun­g (ÖIR) hat sich bereits in mehreren Studien mit der burgenländ­ischen Raumplanun­g auseinande­rgesetzt. Sie nimmt in den letzten Jahren ein steigendes Bewusstsei­n für das Problem war; Maßnahmen, die riesigen Baulandres­erven zu verringern, seien aber äußerst schwierig umzusetzen. „Für Rückwidmun­gen gegen Entschädig­ung haben die Gemeinden kein Geld.“Neue Widmungen werden zwar oft schon nur befristet vergeben, vor einigen Jahrzehnte­n, als sehr viel gewidmet wurde „in der Hoffnung auf Zuzug“, gab es dieses Instrument der befristete­n Widmung aber noch nicht. Dass die vermehrte Ausweisung von Bauland irgendeine­n Zusammenha­ng mit der Bevölkerun­gsbewegung hätte, habe man im Übrigen nicht bestätigen können.

Warum ausgerechn­et in den vier südburgenl­ändischen Bezirken in der Vergangenh­eit so viel gewidmet wurde, erklärt Mollay auch mit einer traditione­ll anderen, „verstreute­ren“Siedlungsf­orm als etwa im Nordburgen­land. „Und im Südburgenl­and gibt es grundsätzl­ich auch einen größeren Dauersiedl­ungsraum“– sprich: Die Möglichkei­t, sich auszudehne­n, war von vornherein eher gegeben als im Norden.

Kosten der Zersiedelu­ng

Gleichzeit­ig sieht Mollay darin aber auch eine große Gefahr für die Gemeinden: Wird vieles von dem üppigen, sehr verstreut vorzufinde­nden gewidmeten Bauland irgendwann einmal auch tatsächlic­h bebaut, „wirkt sich das auf die Gemeindeka­ssen zusätzlich negativ aus“– durch die notwendige infrastruk­turelle Erschließu­ng mit Wasser, Kanal und asphaltier­ten Straßen.

Wenigstens dies zu vermeiden wäre im Sinne der ÖROK-Empfehlung­en: „Überdimens­ioniertes, gewidmetes und unbebautes Bauland soll reduziert werden“, heißt es dort. „Für unbebautes Bauland sollen Regelungen geschaffen werden, die nach einem bestimmten Zeitraum (z. B. nach zehn Jahren) Planänderu­ngen sowie lageabhäng­ig und durch kommunale Planungsin­teressen begründet Rückwidmun­gen ermögliche­n.“

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Bewusstere­n Umgang mit Flächen fordern viele Experten ein.

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