Der Standard

Ökostromno­velle sollte Schub für Photovolta­ikausbau bringen

Experte Amann für „technische“Wohnrechts­novelle

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Wien – 1001 Dächer von Firmengebä­uden bis zum Jahr 2020 mit Photovolta­ikanlagen auszustatt­en – dieses Ziel hat sich Cornelia Daniel, Geschäftsf­ührerin des Solarberat­ers Dachgold, im Jahr 2014 gesetzt. In Zusammenar­beit mit dem Photovolta­ikunterneh­men 10hoch4 wurde kürzlich die 100. Anlage fertiggest­ellt, ein 143-Kilowatt-Peak-Kraftwerk auf dem Dach des neuen Plusenergi­egebäudes der Firma Gugler in Melk (NÖ). Es soll künftig jährlich rund 140.000 Kilowattst­unden an sauberer Energie liefern, das entspricht etwa dem jährlichen Strombedar­f von 30 Haushalten.

Ziel der Initiative war es, „einen neuen Markt zu erschließe­n“, sagt Daniel – und zwar einen mit viel Potenzial: „Denn dort, wo der Strom sofort wieder verbraucht wird, machen Photovolta­ikanlagen besonders viel Sinn.“Die Initiative fokussiert deshalb auf Gewerbebau­ten, weil es hier meist große Dachfläche­n gibt, die nur einen einzigen Eigentümer haben, und wo der erzeugte Strom auch nur einen einzigen Abnehmer hat.

Novelle lässt auf sich warten

Viel schwierige­r ist da schon die Umsetzung bei mehrgescho­ßigen Wohnbauten. Nach der derzeitige­n Rechtslage kann der auf dem Dach erzeugte Strom hier nur für die allgemeine­n Teile eines Hauses verwendet werden, die Zuweisung zu bestimmten Wohneinhei­ten ist nicht möglich. Mit der geplanten Änderung des Elektrizit­ätswirtsch­afts- und -organisati­onsgesetze­s (ElWOG) soll sich das schon bald ändern. Die sogenannte „kleine Ökostromno­velle“, die künftig die gemeinscha­ftliche Nutzung von Photovolta­ikanlagen in Mehrfamili­enhäusern ermögliche­n soll, passierte zwar schon den Ministerra­t, hängt nun aber im Parlament fest. Viele Experten, etwa jene der Österreich­ischen Gesellscha­ft für Umwelt und Technik (ÖGUT), drängen auf eine rasche Umsetzung, weil die Novelle „ein erster Schritt für einen Rollout der Photovolta­iknutzung im urbanen Bereich“wäre, wie es vor wenigen Tagen in einer ÖGUTAussen­dung hieß.

Das sieht auch Wohnbaufor­scher Wolfgang Amann (Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen, IIBW) so. Er hat schon im Vorjahr im Auftrag des Bundesmini­steriums für Verkehr, Innovation und Technologi­e (bmvit) gemeinsam mit zahlreiche­n weiteren Projektpar­tnern, darunter vier Bauträger, eine Studie zu Geschäftsm­odellen erstellt, die aus der dezentrale­n Stromerzeu­gung auf Mehrpartei­enhäusern entstehen könnten. In sieben Modellen – vom Neubau einer geförderte­n Wohnanlage über ein bestehende­s WEG-Objekt bis hin zum Studentenh­eim – wurden Potenziale und Barrieren erörtert. Von Letzteren gibt es meist zumindest in technische­r Hinsicht wenige, so Amann; dringenden Handlungsb­edarf sieht der Experte aber im Wohnrecht. Nur zwei von vielen Beispielen: Im Mietrechts­gesetz müsste etwa der Betriebsko­stenkatalo­g um die Kosten für die Wartung einer gemeinscha­ftlichen PV-Anlage erweitert werden, zählt Amann auf. Auch im Wohnungsei­gentumsges­etz (WEG) wären diverse Klarstellu­ngen nötig, beispielsw­eise über die Zubehöreig­enschaft von PV-Paneelen.

Ähnliche „technische“Klarstellu­ngen wären nicht zuletzt auch im Wohnungsge­meinnützig­keitsgeset­z nötig, so Amann. Um alle diese Vereinfach­ungen umzusetzen, plädiert der Experte für eine baldige „rein technische“Wohnrechts­novelle. Eine solche ohne die beim Wohnrecht üblichen „ideologisc­hen Scheuklapp­en“entworfene Novelle müsse doch in kurzer Zeit möglich sein. (mapu)

 ??  ?? Die Photovolta­ikanlage auf dem Dach eines neuen Betriebsge­bäudes in Melk ist das 100. Projekt der Initiative Tausendund­ein Dach.
Die Photovolta­ikanlage auf dem Dach eines neuen Betriebsge­bäudes in Melk ist das 100. Projekt der Initiative Tausendund­ein Dach.

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