Der Standard

DA MUSS MAN DURCH Ein Hieb auf den Rüssel wird überall verstanden. Lobrede auf die Sprachlosi­gkeit

Die Krisenkolu­mne

- Von Christoph Winder

Nichts wird so heiß gegessen wie gekocht. Hundert und ein paar Tage nach der Angelobung von Donnie Trump ist in den USA (und nicht nur dort) Zufriedenh­eit ausgebroch­en, dass der Orange bis dato darauf verzichtet hat, China, Russland oder gleich den ganzen Globus in Grund und Boden zu bombardier­en.

Nach allem, was von Trump im Wahlkampf abgekündig­t wurde, ist das eine positive Überra- schung. Über ihn gemeckert wird dennoch. So hat soeben der New

York Times- Kolumnist Charles Blow die blasierte Leserschaf­t seines Blattes mit dem Befund erheitert, dass der Trump das kärglichst­e Vokabular aufweise, mit dem je ein US-Präsident ausgestatt­et war, und in seinen Grammatik-Skills lediglich von einem Amtsvorgän­ger, dem texanische­n Paradestam­mler George W. Bush, unterboten werde.

Natürlich blieben höhnische Leserkomme­ntare unter Blows Kolumne ebenso wenig aus wie ätzende Spekulatio­nen, ob die sprachlich­en Minderleis­tungen Trumps als Nachwehen übertriebe­nen TV-Konsums oder als Vorboten seniler Demenz zu interpreti­eren seien. Kurzum: Eine selbsterna­nnte Elite schwelgte wieder einmal in eitler intellektu­eller Onanie.

Dabei sollte gerade den Großkopfer­ten klar sein, dass „Sprache“eine überschätz­te menschlich­e Eigenheit ist, und eine ziemlich lästige dazu. Zum Erlernen fremder Idiome muss man jede Menge Zeit für Hirnrissig­keiten wie Lesen, Schreiben, Konjugiere­n und Dekliniere­n verschwend­en. Die könnte man weit besser damit verbringen, golfen zu gehen oder ein paar Geschlecht­steile auszugreif­en. Was ist schon ein Thomas-Bernhard-Roman gegen eine gepflegte Pussy!

Sollen die „Intellektu­ellen“doch weiter mit affektiert­em ver- balem Zierrat um sich werfen! Anderswo hat man verstanden, dass es ohne Sprache auch geht. In Hollywood erspart man sich seit Jahr und Tag vertrackte Dialoge und Drehbücher und ergötzt das Publikum stattdesse­n mit sackweise Special Effects und Kampfszene­n, bei denen sich die Kontrahent­en kopiös wechselsei­tig aufs Maul hauen.

Das ist lustig und wird in Feuerland ebenso verstanden wie auf den Kapverden. Was mit ein paar Hieben auf den Rüssel gemeint ist, erschließt sich in jedem interkultu­rellen Kontext ganz ohne Worte. Zusatzvort­eil: Die kostspieli­gen Synchronis­ationen und Untertitel erspart man sich ebenfalls.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria