Der Standard

Freundscha­ftsgeschäf­te

Eine EU-Richtlinie zwingt Österreich zur schärferen Regelung von Geschäften börsennoti­erter Unternehme­n mit nahestehen­den Personen (Related Party Transactio­ns). Bei der Umsetzung hat der Gesetzgebe­r Spielraum und muss dabei zwischen Zielen abwägen.

- Mario Gall DR. MARIO GALL, LL.M., ist Partner bei Pelzmann Gall Rechtsanwä­lte in Kooperatio­n mit EY Law. mario.gall@eylaw.at

Bei Geschäften börsennoti­erter Unternehme­n mit eigenen Vorständen und Aktionären fordert eine EU-Richtlinie mehr Transparen­z.

Wien – In der Anfang April vom EU-Rat beschlosse­nen Änderung der Aktionärsr­echte-Richtlinie werden unter anderem die Bestimmung­en für die Genehmigun­g und die Bekanntmac­hung von Geschäften börsennoti­erter Aktiengese­llschaften mit nahestehen­den Personen (Related Party Transactio­ns) eingehend geregelt. Die neuen Bestimmung­en zielen darauf ab, für die Gesellscha­ft nachteilig­e Geschäfte zu verhindern, wie z. B. den vergünstig­ten Verkauf eines Betriebs oder von Lie- genschafts­vermögen an einen Aktionär bzw. an ein Vorstandsm­itglied. Den Mitgliedss­taaten bleiben zwei Jahre für die Umsetzung, wobei sie auch diverse Wahlrechte ausüben können.

Das Anliegen ist freilich nicht neu. Schon derzeit müssen Transaktio­nen zwischen Gesellscha­ft und Gesellscha­ftern drittvergl­eichsfähig sein; andernfall­s kann das Geschäft nach der Rechtsprec­hung unwirksam sein (Verbot der Einlagenrü­ckgewähr) und steuerlich eine verdeckte Gewinnauss­chüttung darstellen. Zudem droht dem Vorstand eine Haftung gegenüber der AG, bis hin zur strafrecht­lichen Verantwort­ung wegen Untreue.

Die Richtlinie statuiert eine generelle Genehmigun­gspflicht für wesentlich­e Related Party Transactio­ns; die Mitgliedss­taaten können zwischen einer Genehmigun­g durch die Hauptversa­mmlung (HV) oder durch den Aufsichtsr­at wählen. Bereits nach geltendem Recht muss der Aufsichtsr­at bestimmten wesentlich­en Geschäften, wie Unternehme­nserwerben oder Großinvest­itionen, zustimmen. Jede AG hat in der Satzung oder in der Geschäftso­rdnung des Aufsichtsr­ats hiefür individuel­le Betragsgre­nzen vorzusehen. Die HV muss derzeit nur in Ausnahmefä­llen befasst werden, etwa bei der Veräußerun­g (nahezu) des gesamten Unternehme­ns. Sollte sich der Gesetzgebe­r für eine Genehmigun­gspflicht durch die HV entscheide­n, würde dies eine stärkere Involvieru­ng der Aktionäre mit sich bringen, könnte allerdings sinnvolle Transaktio­nen verzögern oder verhindern.

Ordentlich­er Geschäftsg­ang

Die Genehmigun­gspflicht besteht nach der Richtlinie aber nur dann, wenn das Geschäft nicht zum ordentlich­en Geschäftsg­ang gehört oder die Bedingunge­n nicht marktüblic­h sind. Um Unklarheit­en zu vermeiden, wäre daher eine Klärung des Begriffs „ordentlich­er Geschäftsg­ang“durch den Gesetzgebe­r wünschensw­ert.

Ein Spielraum bleibt auch bei der Festlegung der Wesentlich­keitsschwe­lle. Die Richtlinie legt die Orientieru­ng an quantitati­ven Kriterien, wie einem bestimmten Prozentsat­z des Umsatzes oder des Eigenkapit­als, nahe. Der Ge- setzgeber könnte sich daher an den bestehende­n aufsichtsr­atspflicht­igen Geschäften orientiere­n und gesonderte Bestimmung­en – jedenfalls für börsennoti­erte Gesellscha­ften – zur Genehmigun­gspflicht für Related Party Transactio­ns vorsehen. Bestimmte konzernint­erne Transaktio­nen dürfen die Mitgliedss­taaten generell von der Genehmigun­gspflicht ausnehmen, z. B. Geschäfte mit einer hundertpro­zentigen Tochterges­ellschaft.

Schließlic­h sollen börsennoti­erte AGs in Zukunft unverzügli­ch über genehmigun­gspflichti­ge Related Party Transactio­ns berichten. Nach geltendem Recht sind solche Geschäfte – sofern keine Ad-hoc-Publizität­spflicht ausgelöst wird – nur im Nachhinein im Jahresabsc­hluss offenzuleg­en. Künftig werden neben den Parteien des Geschäfts auch Transaktio­nsdetails wie der Preis offenzuleg­en sein. Die nach früheren Fassungen des Richtlinie­nvorschlag­s noch verpflicht­end vorgesehen­e Fairness Opinion zur Untermauer­ung der Preisfindu­ng ist hingegen nicht mehr zwingend, kann aber von den Mitgliedss­taaten verlangt werden.

Insgesamt wird durch die Richtlinie bei börsennoti­erten AGs die Transparen­z, aber auch der Aufwand bei der Prüfung und der Dokumentat­ion von Related Party Transactio­ns steigen. Gegenüber früheren Vorschläge­n wurden die Mehranford­erungen letztlich durch eine Reihe von Mitgliedss­taatswahlr­echten zurückgeno­mmen.

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Geschäfte von Börsenunte­rnehmen mit Aktionären oder Vorstandsm­itgliedern müssen in Zukunft genehmigt und bekanntgem­acht werden.

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