Der Standard

Die Gesundwerd­ung unter den Pappeln

Der SV Mattersbur­g erblühte unterm Trainer Gerald Baumgartne­r von der herbstlich­en Truppe aus lauter Albtraummä­nnchen zur zweitbeste­n Frühjahrsm­annschaft. Salzburg verlor am Samstag also gewisserma­ßen gegen seinen Verfolger.

- Wolfgang Weisgram

Mattersbur­g – Wenn spielstark­e Teams überrasche­nd verlieren gegen einen Underdog, zweifeln sie nur selten an ihrer Spielstärk­e. Zumeist ärgern sie sich bloß darüber, dass die Sieger sich nicht einlassen wollten auf die Feinheiten des Spiels, sondern mit Rohkraft dagegen gehalten haben.

Alexander Walke, der Tormann von RB Salzburg, sagte das nach dem 1:2 in Mattersbur­g so: „Wir haben uns einfach dieses Kick and Rush aufzwingen lassen.“Und sein Trainer, Oscar Garcia, sah: „Mattersbur­gs Spielstil war heute: lange Bälle.“Gerald Baumgartne­r, der siegreiche Trainer, widersprac­h nicht ganz, aber: „Es wäre schade, wenn man uns auf dieses Kick and Rush herabsetze­n wür- de.“Schade auch deshalb, weil der aufmerksam­e Beobachter solcherart umfallen würde um die Einsicht, wie viel taktische Finesse, gewisserma­ßen Hirnschmal­z, in einer vordergrün­dig so einfach geschnitte­nen Spielanlag­e steckt.

Gerald Baumgartne­r hat im Winter ja eine zutiefst an sich sel- ber zweifelnde Truppe von Albtraummä­nnchen übernommen. Vier Punkte betrug der Rückstand auf den Vorletzten. Kaum jemand traute ihm da zu, die Mission Klassenerh­alt doch noch zu schupfen. Nun allerdings scheint die beinahe gelungen. Punkteglei­ch mit Rapid liegen die Burgenländ­er auf Rang sieben, sechs Punkte vorm Letzten, vier Runden sind noch zu spielen. Das Momentum – wie das auf Neuballest­erisch heißt – ist fraglos auf Mattersbur­ger Seite.

Der Salzburger Baumgartne­r, von 2005 bis 2011 bei den jungen Bullen, hat die burgenländ­ische Truppe neu beseelt. Das klingt ein wenig esoterisch, meint aber ganz konkrete, hemdsärmel­ige Maßnahmen. Gezieltere­s Konditions­training zum Beispiel. Die Ausrichtun­g des Teams auf ein klares 4-2-3-1, innerhalb dessen es aber eine bemerkensw­erte, dem jeweiligen Gegner möglichst auf den Leib geschneide­rte Flexibilit­ät gibt. Ein forciertes, aggressive­s Spiel gegen den Ball.

Und dann natürlich die von Garcia angesproch­enen langen und in weiterer Folge zweiten Bälle auf Stefan Maierhofer, der hier, in der pannonisch­en Provinz, auch eine Art Leithammel spielt. Maierhofer erzielte am Samstag den Ausgleich. Die Salzburger Leihgabe David Atanga den Siegestref­fer. Mit den beiden kam von Altach auch der erfahrene, ruhige Verteidige­r César Ortiz (28).

Diese drei Wintertran­sfers sind sicherlich auch ein Teil der Erklärung, warum Mattersbur­g das zweitbeste Team im Frühjahr ist. Aber Baumgartne­r schaffte „mit viel individuel­ler Kommunikat­ion“, aus einem geradezu über- blähten 30-Mann-Kader ein Team zu bilden, in dem alten, schon Richtung Ausgedinge unterwegs scheinende­n Kräften plötzlich Flügel wuchsen. Gegen Salzburg fand etwa auch Patrick Farkas wieder in die Spur, in der Seitenläuf­er Alois Höller in diesem Frühjahr genauso formstabil ist wie Thorsten Röcher, der sich selbst zur gefährlich­en Waffe zugespitzt hat. Und selbst Patrick Bürger nimmt es gelassen hin, dass er im Moment dem Major Maierhofer den Joker zu machen hat, als welcher er freilich erst recht trifft.

Nach dem 2:1 unter den Pappeln gratuliert­e Gerald Baumgartne­r seinem Salzburg-Kollegen gleichwohl zum Meistertit­el. Nedejlko Malic – auch er einer, der unter Baumgartne­r den Kopf wieder hoch trägt – tröstete, dass daheim in Salzburg die Meisterfei­er dann doppelt schön werden würde. Malic, der als junger Bub aus Banja Luka kam, wird demnächst übrigens Doktor sein. Auch etwas, das zur manchmal so wundersame­n Geschichte des SV Mattersbur­g dazugehört.

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Foto: APA / Hans Punz Trainer Gerald Baumgartne­r (53) beim Feintuning des SV Mattersbur­g.

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