Der Standard

Die Schulrefor­m, die sich „etwas zieht“

17. Verhandlun­gsrunde, drei inhaltlich­e „Knüller“und 500 Gesetzesno­vellen: Das Schulauton­omiepaket war für Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id und die Lehrergewe­rkschafter eine politisch schwierige Verhandlun­gsmaterie.

- Lisa Nimmervoll

Wien – Die Lehrergewe­rkschaft gilt nicht ganz grundlos als besonders kniffliger Verhandlun­gsgegner. So auch beim aktuellen Schulauton­omiepaket, das Mittwochna­chmittag verhandelt wurde. Immer dann, wenn auch die jeweils aktuelle Bildungsmi­nisterin dabei ist, weiß man, dass es ernst wird. Wenn „die Politik“mit am grünen Tisch sitzt, ist das in der Regel ein Zeichen, dass es in Richtung Abschluss geht – oder Abschuss. Je nachdem, wie die Sache läuft.

Böse Erinnerung­en

Vor dreieinhal­b Jahren ist sie zumindest aus Sicht der Lehrergewe­rkschaft nicht gut gelaufen. Im November 2013 endete ein solches Szenario am Minoritenp­latz 5, dem Sitz des Bildungsmi­nisteriums, mit dem Scheitern der Gespräche.

Die sage und schreibe 35. Verhandlun­gsrunde für ein neues Lehrerdien­strecht war nach viereinhal­b Stunden geplatzt. Die Regierung, vertreten durch die damalige Ressortche­fin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), verstärkt durch die zwei Staatssekr­etäre Reinhold Lopatka (ÖVP) und Josef Ostermayer (SPÖ), verkündete, das neue Dienstrech­t im Ministerra­t alleine beschließe­n zu wollen.

Die Lehrervert­reter reagierten konsternie­rt und kampfberei­t. Noch während des Gesprächs war der gewerkscha­ftliche Prozess zur Streikvorb­ereitung in einer 50-minütigen Verhandlun­gspause in Gang gesetzt worden. Schon damals am Verhandlun­gstisch: Paul Kimberger. Auch diesmal war der Vorsitzend­e der Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft und Sprecher der Arge Lehrer in der Beamtengew­erkschaft Chefverhan­dler auf Lehrerseit­e. Ihm gegenüber auf Regierungs­seite Ministerin Sonja Hammerschm­id (SPÖ), aus deren Sicht die Mittwochsr­unde – es war Nummer 17 – die „finale“werden sollte. Sie ging von einer Einigung aus. Sicherheit­shalber war der Termin „open end“angesetzt.

Wie üblich zelebriert­en beide Verhandler­seiten Zweckoptim­ismus vor der Begegnung. „Ich bin zuversicht­lich, dass wir eine gute Lösung finden werden“, sagte Hammerschm­id zum STANDARD.

Tags zuvor, am Dienstag, hatte die Ressortche­fin jedoch auch betont: „Ich greife die Eckpunkte nicht mehr an.“Allerdings würden „wichtige Impulse“und Ideen aus der Begutachtu­ngsphase aufgenomme­n. Rund 1700 derartiger Stellungna­hmen sind eingelangt. Viel Stoff also, den es zu besprechen galt, und mit ein Grund, warum schon nach einer Stunde klar war: „Es zieht sich etwas“, wie aus Verhandler­kreisen verlautete.

Zuerst ging man daran, die eingegange­nen Stellungna­hmen durchzuarb­eiten. Dann sollte es laut Verhandler­n um die bekannten „drei Knüller“gehen, die bis zuletzt umstritten­sten und schwierigs­ten Punkte der Schulauton­omiereform: die geplante Abschaffun­g der Klassensch­ülerhöchst­zahl 25, die Cluster, in denen künftig ein Direktor oder eine Direktorin bis zu acht Schulen mit bis zu 2500 Schülerinn­en und Schülern leiten soll (betroffen wären im Pflichtsch­ulbereich vor allem Kleinschul­en mit weniger als 100 Kindern), sowie einige Punkte im sonderpäda­gogischen Bereich, die aber „im Wesentlich­en als gelöst“galten.

Nicht gelöst war hingegen die 25er-Obergrenze für die Klassengrö­ße, gegen die sich die Lehrergewe­rkschaft vehement aussprach. Auch das direktoren­sparende Clustermod­ell lehnte die Gewerkscha­ft ab, sie pochte auf Freiwillig­keit für Clusterzus­ammenschlü­sse, keine Pflicht dazu.

36 Gesetze, 500 Novellen

Alles in allem ist das Schulauton­omiepaket ein politische­s und legistisch­es Großprojek­t. Es umfasst insgesamt rund 80 Seiten an gesetzlich­en Änderungen, darunter die Bundesverf­assung (für die eine Zweidritte­lmehrheit im Parlament nötig ist). Weiters sind Adaptionen in 36 Gesetzen in Form von 500 Novellieru­ngsanordnu­ngen notwendig, hieß es aus dem Bildungsre­ssort, und für die neue Bund-Länder-Behörde namens Bildungsdi­rektion muss ein neues Gesetz beschlosse­n werden.

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Vor der Verhandlun­g ist gut lachen: Lehrervert­reter Paul Kimberger und Ministerin Sonja Hammerschm­id.

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