AG-Funktionäre legen nach NS-Postings Ämter zurück
Dekan der Rechtswissenschaften: „Es schmerzt“– ÖH Uni Wien kann Rücktritte nicht bestätigen
Wien – An Österreichs Hochschulen herrscht Aufregung über die antisemitischen und NS-verherrlichenden Postings, die von Mitgliedern und Funktionären der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft (AG) verbreitet wurden. Die Bundes-AG bezog am Dienstag Stellung und kündigte an, alle Mitglieder der Facebook- und WhatsappGruppen, wo etwa Hitler-Memes mit dem Satz „Here’s your number, so Auschwitz maybe“gepostet wurden, auszuschließen.
Aus der Fakultätsvertretung Jus (FV) heißt es, dass die betroffenen Personen auch dort ausgeschlossen würden. Ihre Plätze als Studienvertretungsmandatare müssten sie demnach ebenfalls zurücklegen. Die genaue Vorgangsweise würde aber noch besprochen. Legen die Mandatare ihre Ämter in der Studienrichtungsvertretung (StV) zurück, würden nach dem Wahlergebnis 2015 die Kandidaten des VSStÖ nachrücken. Zwei StV-Mandatare und ein FV-Mandatar bezogen auf Facebook bereits Stellung.
Der Präsident der AG Jus und StV-Mandatar Clemens Kraemmer erklärte am Mittwoch öffentlich auf seiner Facebook-Seite, die in den Gruppen geposteten Inhalte seien „absolut inakzeptabel“. Es wäre seine Aufgabe gewesen, ein „derartiges Verhalten zu unterbinden“. Da er dies nicht getan hatte, sei die Konsequenz, dass er aus der AG Jus ausgetreten ist und seine Ämter zurückgelegt habe.
FV-Mandatar Christoph Diensthuber erklärte, „Teil dieser Whatsapp- und Facebook-Gruppen“gewesen zu sein, jedoch keine Inhalte gepostet, gelikt oder geshart zu haben. Trotzdem: „Als Konsequenz auf diese Entwicklungen, als Verantwortung gegenüber mir selbst, weil ich nicht gehandelt habe und zum Schutz der AG habe ich noch gestern alle meine Mandate in der AG und Fakultätsvertretung zurückgelegt.“
In der Wahlkommission der ÖH Uni Wien wusste man am Mitt- woch auf Anfrage des STANDARD jedoch von keinen Rücktritten.
Diensthuber ist neben der AG auch im Cartellverband (ÖCV) aktiv, dort ist er designierter Vizepräsident. Die Postings seien „keine Sache des ÖCVs, sondern der AG“, sagt ÖCV-Präsident Michael Jayasekara dem STANDARD. Diensthuber habe die Gruppe auf „stumm“geschaltet, das glaube man ihm auch. Würde klar werden, dass es bei den Postern Überschneidungen mit Verbindungen gebe, würden dort „entsprechende Maßnahmen“eingeleitet: „Das ist kein Gedankengut, das wir tolerieren“, sagt der ÖCV-Chef.
Die Uni Wien reagierte am Mittwoch: „Die Rechtswissenschaftli- che Fakultät der Universität Wien verurteilt dieses Verhalten auf das Schärfste“, schreibt Dekan Paul Oberhammer: „Wir fordern, dass Personen, die sich daran beteiligt haben oder es auch nur geduldet haben, künftig keinerlei Funktionen am Juridicum ausüben“– weder in der StV noch in der Beratung. „Es schmerzt, dass solche Untaten am Juridicum möglich sind. Hier zeigt sich eine Geisteshaltung, die unseren Studierenden, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen fremd ist. Viele unserer Studierenden und Professoren sind Opfer des NS-Terrors geworden.“
Auswirkungen auf Wahlen
Die AG versuche nun das „Problem zu isolieren“und auf die AG Jus zu schieben, sagt der Politikberater und ehemalige Pressesprecher der ÖH, Yussi Pick. Welche Auswirkungen die Berichte auf die ÖH-Wahl kommende Woche haben, sei allerdings schwer zu prognostizieren. Doch würde es „schlechte Schatten auf die ganze juridische Fakultät werfen, wenn es keine Konsequenzen im Wahlergebnis gibt“. Am Juridicum könnten, so Pick, die Junos die Lücke nutzen. Durch das Personenwahlrecht auf der StV-Ebene der ÖH hänge das Ergebnis aber davon ab, wie die Kandidaten der AG es schaffen werden, sich zu distanzieren.