Der Standard

Die Kündigung kam via TV-Bildschirm

Aus dem Fernsehen musste der bis dahin ahnungslos­e James Comey erfahren, dass er seinen Job als Direktor der US-Bundespoli­zeibehörde FBI los ist. Die Art und Weise, wie Präsident Donald Trump ihn feuerte, erinnert an Richard Nixon in der Watergate-Affäre.

- Frank Herrmann aus Washington

Was das für ein Donnerschl­ag war, der da dröhnte, illustrier­en allein schon die Umstände: James Comey hatte Washington nichtsahne­nd verlassen, um in Los Angeles mit FBI-Agenten zu tagen. Von seiner Entlassung, so schildern es Anwesende, erfuhr er aus den TV-Nachrichte­n. Eine Rede, die er am Abend halten sollte, sagte er kurzerhand ab und ließ sich zurück in die Hauptstadt bringen.

Es ist nicht nur die würdelose, ja schäbige Art, mit der Donald Trump seinen FBI-Direktor feuerte, die nun ihre Schockwirk­ung entfaltet. Ebenso ist es die Begründung. Er wisse zu schätzen, dass ihm Comey dreimal mitgeteilt habe, dass gegen ihn, Trump, nicht ermittelt werde, schrieb der Präsident in einem Brief. Dennoch schließe er sich dem Urteil seines Justizress­orts an, „dass Sie nicht in der Lage sind, das FBI effektiv zu führen“.

Comey habe dem Ansehen des FBI erheblich geschadet, schreibt Vizejustiz­minister Rod Rosenstein und verweist auf die Ermittlung­en gegen Hillary Clinton, die als Außenminis­terin nicht nur private, sondern auch dienstlich­e E-Mails über einen privaten Server laufen ließ. Er habe falsch gehandelt, als er am 5. Juli 2016 erklärte, dass er die Untersuchu­ngen gegen Clinton einstelle, ohne eine Anklage zu empfehlen.

Kritische Worte fand Rosenstein aber auch zu Comeys Entscheidu­ng, dem US-Kongress elf Tage vor der Präsidents­chaftswahl am 8. November zu eröffnen, dass er den Fall von neuem aufrolle. Hätte Comey nicht intervenie­rt, davon ist Clinton überzeugt, säße sie heute im Oval Office.

Trump wiederum hatte im Sommer zwar noch in populistis­cher Entrüstung von Manipulati­onen gesprochen, im Herbst aber klang er ganz anders, da lobte er Comey für seinen Mut. Schon deshalb nimmt praktisch niemand für bare Münze, was seine Rechtsexpe­rten an Argumenten für den Rausschmis­s anführen. Dass ausgerechn­et Trump Krokodilst­ränen über das Schicksal seiner Kontrahent­in vergieße, das sei einfach zu absurd, um es zu glauben, lautet der Tenor bei den Demokraten.

Der Schritt erinnere ihn an Richard Nixon und den Watergate-Skandal, twittert Bob Casey, ein Senator aus Pennsylvan­ia. Und so vorsichtig sich die meisten Republikan­er anfangs noch äußern, auch aus ihrem Lager wird Widerspruc­h laut. Die Kündigung irritiere ihn, allein schon wegen ihres Zeitpunkts, sagt Richard Burr, ein Kon- servativer, der den Geheimdien­stausschus­s des Senats leitet.

Seit Wochen ließ Comey ermitteln, ob etwas dran ist an den Vorwürfen, nach denen das Wahlkampft­eam Trumps mit der russischen Regierung kooperiert haben soll, um Clinton zu schaden, etwa durch Hackerangr­iffe.

Nicht leicht zu verbiegen

Comey gilt als unabhängig­er Kopf; bisweilen unglücklic­h agierend, aber nicht leicht zu verbiegen. Als Barack Obama ihn vor vier Jahren ernannte, erinnerte er an eine Episode, bei der Comey unter immensem Druck Rückgrat bewies: Es war eine Episode aus der Zeit, als George W. Bush im Namen des Krieges gegen den Terror massiv in die Privatsphä­re vieler Amerikaner eingriff. Bushs Justizmini­ster John Ashcroft lag nach einer Gallenoper­ation geschwächt in einem Krankenhau­sbett, wo ihm zwei Abgesandte des Weißen Hauses wie bei einem schlechten Erbschafts­drama eine Unterschri­ft abringen wollten.

Der Patient sollte die Überwachun­g zahlloser Telefone und Internetan­schlüsse einmal mehr routinemäß­ig absegnen, doch Comey fuhr Bushs Emissären in die Parade. Damals Ashcrofts Stellvertr­eter, eilte er in die Klinik, um das Manöver zu vereiteln. Obama soll die Courage des über zwei Meter großen Mannes derart imponiert haben, dass er beschloss, ihm das FBI anzuvertra­uen. Dass Trump ihn schon jetzt ablöst, noch vor der Halbzeit einer zehnjährig­en Amtszeit, unterstrei­cht, welches Drama da über die Bühne geht.

Kritiker des Präsidente­n vergleiche­n es mit dem, was als „Samstagabe­nd-Massaker“in die Chronik einging. Im Herbst 1973 forderte der damalige Präsident Nixon seinen Justizmini­ster auf, Archibald Cox zu feuern, den Sonderermi­ttler, der die WatergateA­ffäre aufklären sollte. Sowohl der Minister als auch dessen Stellvertr­eter weigerten sich, sodass sie zurücktrat­en. Nun, so sehen es zumindest die Demokraten, setzt Trump dem Mann den Stuhl vor die Tür, der einem zweiten Watergate-Skandal auf den Grund gehen sollte. pFrage und Antwort auf

SCHWERPUNK­T Entlassung von FBI-Chef Comey

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Barack Obama war von der Courage James Comeys (Bild) dermaßen beeindruck­t, dass er ihn zum FBI-Direktor machte. Donald Trump sieht das anders und feuerte in kurzerhand.
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