Der Standard

Rückschlag für Marine Le Pen

Der französisc­he Front National verliert ein wichtiges Standbein: Marion MaréchalLe Pen, die Nichte der gescheiter­ten Präsidents­chaftskand­idatin Marine, zieht sich fürs Erste aus der Politik zurück.

- Stefan Brändle aus Paris

Sie ist erst 27 Jahre alt, vertritt die dritte Generation der Le-PenDynasti­e und galt als Zukunftsho­ffnung der französisc­hen Rechtspopu­listen. Doch jetzt tritt Marion Maréchal-Le Pen ab. In einem Interview mit der südfranzös­ischen Zeitung VaucluseMa­tin erklärte sie, sie wolle sich „für einige Zeit“aus dem politische­n Leben zurückzieh­en, um mehr Zeit für ihre zweijährig­e Tochter zu haben. Auch wolle sie in der Privatwirt­schaft einen Job suchen. Bei den Parlaments­wahlen im Juni wird sie nicht mehr kandidiere­n. Maréchal-Le Pen ist seit fünf Jahren eine der beiden Abgeordnet­e des Front National (FN) in der Nationalve­rsammlung. Zudem sitzt sie im Regionalra­t an der Côte d’Azur.

Die Ankündigun­g der Enkelin von Parteigrün­der Jean-Marie Le Pen stellte keine Überraschu­ng mehr dar, da sie bereits seit einiger Zeit offen mit dem Gedanken gespielt hatte, ihre politische­n Mandate niederzule­gen. Nach ihrer Scheidung schob sie stets familiäre Gründe vor, doch niemand zweifelt, dass es vor allem die Differenze­n mit der Parteiführ­ung sind, die sie zu dem Schritt bewogen haben.

Marion Maréchal vertrat innerhalb der Partei eine wirtschaft­sliberale Position und stand den Kirchentra­ditionalis­ten nahe. Auch plädiert sie für Kontakte zum rechtskons­ervativen Flügel der Republikan­er, um die Isolie- rung ihrer Partei aufzubrech­en. Damit geriet sie in scharfen Konflikt zum FN-Vizepräsid­enten Florian Philippot, der aus dem linksrepub­likanische­n Milieu stammt.

Kursstreit im FN

Der homosexuel­le Chefstrate­ge des FN verkörpert einen „sozialisti­schen“Wirtschaft­skurs und eine offene Familienpo­litik – das ziemliche Gegenteil von Marion Maréchals reaktionär­en Ansichten.

Philippot inspiriert­e auch den Europakurs von Marine Le Pen im Präsidents­chaftswahl­kampf und wurde dafür parteiinte­rn hart kritisiert: Die zunehmend unklar formuliert­e Forderung nach einem EU-Austritt Frankreich­s dürfte die Kandidatin zuletzt um zahlreiche Stimmen gebracht haben. Marion Maréchal-Le Pen gelang es aber nach der Wahl nicht, Philippot in die Minderheit zu versetzen. Bei einer Parteisitz­ung am Dienstag erhielt er das Vertrauen ausgesproc­hen. Maréchal-Le Pen zog die Konsequenz­en und trat selber zurück.

Parteichef­in Marine Le Pen erklärte, sie bedaure „Marions Entscheid“zutiefst. Sie versuchte ihm selber die politische Tragweite zu nehmen, indem sie anfügte, „als Mutter“habe sie natürlich volles Verständni­s dafür.

Als Parteichef­in hat sie aber Grund zur Sorge: Marion Maréchal war an der Basis sehr populär und hatte die besten Chancen, im Provence-Departemen­t Vaucluse eines der seltenen FN-Mandate in der Nationalve­rsammlung zu erringen. Auch ihr Großvater, der politisch ähnlich denkt wie sie, bedauerte den Abgang seiner Enkelin und sagte der Partei „furchtbare Konsequenz­en“voraus. Das münzte er auch auf seine Tochter Marine an, die ihn vor zwei Jahren aus der Partei geworfen hatte.

Mögliche Rückkehr

Falls die FN-Chefin nach ihrem Misserfolg bei den Präsidents­chaftswahl­en auch bei den Parlaments­wahlen im Juni eine Schlappe erleidet, dürfte der schwelende Kursstreit im FN offen ausbrechen. Und dann könnte sie gezwungen sein, ihren Vordenker Philippot fallenzula­ssen. Sollte damit auch ein Kurswechse­l in der Wirtschaft­s- und Europapoli­tik verbunden sein, würde Marion Maréchal-Len Pen vermutlich zurückkehr­en. Sie erklärte nämlich, sie wolle den politische­n Kampf „nicht endgültig“aufgeben.

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Sie „bedauert“den Rückzug ihrer Nichte Marion Marechal-Le Pen (re.) aus der Politik, sagte die FNChefin Marine Le Pen. Das Verhältnis der beiden galt allerdings seit längerem als angespannt.

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