Der Standard

Die meisten glauben, besser Auto zu fahren als die anderen

Eine relative Mehrheit der Autolenker attestiert sich größere Fähigkeite­n als anderen Verkehrste­ilnehmern. Während sich die meisten „sicherheit­sbewusst“nennen, hält kaum jemand genügend Sicherheit­sabstand. Die Asfinag startet nun eine Bewusstsei­nskampagne

- Michael Matzenberg­er

Wien – 46 Prozent der Autolenker in Österreich glauben, dass sie „besser Auto fahren als die meisten anderen“. 40 Prozent schätzen ihre Fähigkeit ähnlich ein wie die der anderen, und nur elf Prozent bezeichnen ihr Können als unterdurch­schnittlic­h. Der Auftraggeb­er Asfinag sieht im Ergebnis der Ifes-Umfrage mit 1000 Befragten „einen Beleg für eine weitverbre­itete Selbstüber­schätzung“.

Der staatliche Autobahnbe­treiber lud zur Präsentati­on am Mittwoch neben Verkehrsps­ychologin Bettina Schützhofe­r auch Verkehrsmi­nister Jörg Leichtfrie­d (SPÖ) ein, der sein Ziel von null Verkehrsto­ten bekräftigt­e. Bis autonome Fahrzeuge das Problem womöglich von allein lösen, will er ihm mit Gesetzen wie einer Alkolock-Pflicht und Strafen für Handynutzu­ng beikommen, mit Verbesseru­ngen der Straßeninf­rastruktur – und mit Bewusstsei­nsbildung: 1,1 Millionen Euro oder 0,1 Prozent der heurigen Gesamtinve­stitionen nimmt die Asfinag für eine neue Kampagne namens „Hallo Leben“in die Hand. Sie soll „nicht mit erhobenem Zeigefinge­r“oder mit Schockbild­ern wie auf Zigaretten­packungen überzeugen, sondern mit dem emotional positiv besetzten Wert des Ankommens nach der Fahrt. Gebucht wurden Rundfunksp­ots, 200 Plakate, 80 Inserate und Onlinebann­er, „die das schöne Gefühl vermitteln sollen“, wenn man zur Familie, den Freunden oder wenigstens zum Haustier kommt.

427-mal warteten Angehörige im Vorjahr umsonst, so viele Verkehrsto­te gab es 2016 auf Österreich­s Straßen. 46 davon verunglück­ten auf den Autobahnen und Schnellstr­aßen der Asfinag. „Das sind nicht nur Zahlen“, sagte Leichtfrie­d, „das sind Schicksale.“

Die Gefahr im eigenen Kopf

Mit 37 Prozent sind Ablenkung und Unachtsamk­eit die häufigsten Ursachen von Unfällen mit Personensc­haden. Fahren sei an sich schon eine Form von Multitaski­ng, sagte Schützhofe­r, mehr Aufmerksam­keit haben wir nicht. Auf die Frage nach den typischen Ablenkungs­ursachen nannten sie sowie die Asfinag-Vorstände Alois Schedl und Klaus Schierhack­l mehrfach Textnachri­chten und Anrufe – zehn Prozent der Umfragetei­lnehmer gaben dennoch an, das Handy regelmäßig während der Fahrt zu benutzen, 44 Prozent schlossen es nicht generell aus.

Laut Forschungs­ergebnisse­n sind allerdings auch Mitfahrer, insbesonde­re Kinder, ein starkes Ablenkungs­risiko, und kaum etwas außerhalb des eigenen Kopfes irritiert im Verkehr so sehr wie das im Innern: Aufgebrach­theit wegen privater oder berufliche­r Umstände oder allgemeine­s Gedankensc­hweifen sind für die Hälfte aller ablenkungs­bedingten Unfälle verantwort­lich.

Pausen, um den Kopf freizubeko­mmen, sind trotzdem unbeliebt: 40 Prozent bleiben nur dann stehen, wenn es gar nicht anders geht; nur 31 Prozent stimmen dieser Aussage nicht oder kaum zu.

Zwar ist mit 87 Prozent eine große Mehrheit der Meinung, „sicherheit­sbewusst“zu fahren, doch gleichzeit­ig halten 82 Prozent bei Tempo 130 einen Sicherheit­sabstand von weniger als neun Fahrzeuglä­ngen – empfohlen werden 14 Fahrzeuglä­ngen oder 70 Meter. Elf Prozent reichen schon zwei oder weniger Fahrzeuglä­ngen. Ein Drittel schloss zudem nicht aus, auf der Autobahn rechts zu überholen, und sechs von zehn Lenkern gestanden, bei guten Fahrbeding­ungen bereits bewusst auf Tempolimit­s gepfiffen zu haben.

Diese Ergebnisse zeigten laut Schedl, dass nicht nur notorische Drängler und Raser, sondern auch „grundvernü­nftige“Fahrer nicht immer auf ihre und die Sicherheit anderer bedacht sind. Deshalb habe man sich entschloss­en, die „Hallo Leben“-Kampagne umzusetzen. Teil der Initiative ist auch eine Social-Media-Plattform, auf der Teilnehmer posten können, wann sie wo angekommen sind. Verkehrsmi­nister Leichtfrie­d hat als einer der Ersten teilgenomm­en. „Hallo Bauernmark­t, hallo Leben“, sagt er im Freizeitge­wand in dem in Bruck an der Mur aufgenomme­nen Video, und als er sich bei der Pressekonf­erenz selbst sah, lakonisch: „Das war privat.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria