Die meisten glauben, besser Auto zu fahren als die anderen
Eine relative Mehrheit der Autolenker attestiert sich größere Fähigkeiten als anderen Verkehrsteilnehmern. Während sich die meisten „sicherheitsbewusst“nennen, hält kaum jemand genügend Sicherheitsabstand. Die Asfinag startet nun eine Bewusstseinskampagne
Wien – 46 Prozent der Autolenker in Österreich glauben, dass sie „besser Auto fahren als die meisten anderen“. 40 Prozent schätzen ihre Fähigkeit ähnlich ein wie die der anderen, und nur elf Prozent bezeichnen ihr Können als unterdurchschnittlich. Der Auftraggeber Asfinag sieht im Ergebnis der Ifes-Umfrage mit 1000 Befragten „einen Beleg für eine weitverbreitete Selbstüberschätzung“.
Der staatliche Autobahnbetreiber lud zur Präsentation am Mittwoch neben Verkehrspsychologin Bettina Schützhofer auch Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) ein, der sein Ziel von null Verkehrstoten bekräftigte. Bis autonome Fahrzeuge das Problem womöglich von allein lösen, will er ihm mit Gesetzen wie einer Alkolock-Pflicht und Strafen für Handynutzung beikommen, mit Verbesserungen der Straßeninfrastruktur – und mit Bewusstseinsbildung: 1,1 Millionen Euro oder 0,1 Prozent der heurigen Gesamtinvestitionen nimmt die Asfinag für eine neue Kampagne namens „Hallo Leben“in die Hand. Sie soll „nicht mit erhobenem Zeigefinger“oder mit Schockbildern wie auf Zigarettenpackungen überzeugen, sondern mit dem emotional positiv besetzten Wert des Ankommens nach der Fahrt. Gebucht wurden Rundfunkspots, 200 Plakate, 80 Inserate und Onlinebanner, „die das schöne Gefühl vermitteln sollen“, wenn man zur Familie, den Freunden oder wenigstens zum Haustier kommt.
427-mal warteten Angehörige im Vorjahr umsonst, so viele Verkehrstote gab es 2016 auf Österreichs Straßen. 46 davon verunglückten auf den Autobahnen und Schnellstraßen der Asfinag. „Das sind nicht nur Zahlen“, sagte Leichtfried, „das sind Schicksale.“
Die Gefahr im eigenen Kopf
Mit 37 Prozent sind Ablenkung und Unachtsamkeit die häufigsten Ursachen von Unfällen mit Personenschaden. Fahren sei an sich schon eine Form von Multitasking, sagte Schützhofer, mehr Aufmerksamkeit haben wir nicht. Auf die Frage nach den typischen Ablenkungsursachen nannten sie sowie die Asfinag-Vorstände Alois Schedl und Klaus Schierhackl mehrfach Textnachrichten und Anrufe – zehn Prozent der Umfrageteilnehmer gaben dennoch an, das Handy regelmäßig während der Fahrt zu benutzen, 44 Prozent schlossen es nicht generell aus.
Laut Forschungsergebnissen sind allerdings auch Mitfahrer, insbesondere Kinder, ein starkes Ablenkungsrisiko, und kaum etwas außerhalb des eigenen Kopfes irritiert im Verkehr so sehr wie das im Innern: Aufgebrachtheit wegen privater oder beruflicher Umstände oder allgemeines Gedankenschweifen sind für die Hälfte aller ablenkungsbedingten Unfälle verantwortlich.
Pausen, um den Kopf freizubekommen, sind trotzdem unbeliebt: 40 Prozent bleiben nur dann stehen, wenn es gar nicht anders geht; nur 31 Prozent stimmen dieser Aussage nicht oder kaum zu.
Zwar ist mit 87 Prozent eine große Mehrheit der Meinung, „sicherheitsbewusst“zu fahren, doch gleichzeitig halten 82 Prozent bei Tempo 130 einen Sicherheitsabstand von weniger als neun Fahrzeuglängen – empfohlen werden 14 Fahrzeuglängen oder 70 Meter. Elf Prozent reichen schon zwei oder weniger Fahrzeuglängen. Ein Drittel schloss zudem nicht aus, auf der Autobahn rechts zu überholen, und sechs von zehn Lenkern gestanden, bei guten Fahrbedingungen bereits bewusst auf Tempolimits gepfiffen zu haben.
Diese Ergebnisse zeigten laut Schedl, dass nicht nur notorische Drängler und Raser, sondern auch „grundvernünftige“Fahrer nicht immer auf ihre und die Sicherheit anderer bedacht sind. Deshalb habe man sich entschlossen, die „Hallo Leben“-Kampagne umzusetzen. Teil der Initiative ist auch eine Social-Media-Plattform, auf der Teilnehmer posten können, wann sie wo angekommen sind. Verkehrsminister Leichtfried hat als einer der Ersten teilgenommen. „Hallo Bauernmarkt, hallo Leben“, sagt er im Freizeitgewand in dem in Bruck an der Mur aufgenommenen Video, und als er sich bei der Pressekonferenz selbst sah, lakonisch: „Das war privat.“