Der Standard

Internatio­nale Anleger greifen bei Wiener Aktien gerne zu

Die gute Stimmung an den Börsen ist endlich auch in Wien angekommen. Der Leitindex ATX notiert wieder auf seinem Vor-Krisen-Niveau. Woher kommen die Investoren, die in Wien veranlagen? Und wie steht es um die heimischen Privatanle­ger? Ein Überblick.

- Bettina Pfluger

Wien – Ende April ist dem Leitindex der Wiener Börse (ATX) endlich der Sprung über die Marke von 3000 Punkten gelungen. Zuletzt notierte der ATX im Februar 2011 so hoch. Mittlerwei­le hat der Index sein Vor-Krisen-Niveau erreicht. Das ist ein Anlass, die Investoren des ATX genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei zeigt sich: Internatio­nale Anleger greifen bei heimischen Aktien gerne zu, sie halten rund zwei Drittel der im Streubesit­z befindlich­en An- teile jener Unternehme­n, die im ATX Prime (fasst die 39 stärksten Firmen zusammen) notieren.

Der größte Einzelinve­stor ist die norwegisch­e Norges Bank Investment Management, gefolgt von der heimischen Erste Asset Management und der amerikanis­chen Vanguard Group. Auch auf Ländereben­e bleibt Norwegen mit Beteiligun­gen von 7,1 Prozent der größte europäisch­e Investor, obwohl der norwegisch­e Staatsfond­s 2016 Verkäufe vorgenomme­n hat. Platz zwei im europäisch­en Länderrank­ing geht an Frankreich (6,6 Prozent Anteile am ATX Prime), Platz drei an Deutschlan­d. Die Niederland­e, die Schweiz und Polen haben ihre Anteile im Vorjahr jeweils ausgebaut, wie eine aktuelle Studie von Ipreo zeigt. Der Finanzdien­stleister hat die Investoren­basis in Wien analysiert.

Der anstehende Brexit hatte im Vorjahr schon Auswirkung­en auf dem Wiener Parkett, weil britische Investoren ihre Portfolios bereits umschichte­n und ihre Veranlagun­g in Wiener Werte um mehr als zwei Prozent auf rund 13 Prozent zurückgefa­hren haben. Nach den USA und Österreich bleiben die Briten global gesehen aber das drittwicht­igste Herkunftsl­and für Institutio­nelle in Wien. „Die Aktien der Wiener Börse sind für globale Anleger interessan­t“, fasst Christoph Boschan, Chef der Wiener Börse, die Ergebnisse zusammen. Bereits mehr als achtzig Prozent des Aktienumsa­tzes stammen aus dem Ausland.

Brexit-Folgen kompensier­t

Der Rückgang der Briten wurde von anderen Ländern kompensier­t. Zuwächse kamen aus den USA, Deutschlan­d, Frankreich, Kanada, den Niederland­en und der Schweiz. Für Studienaut­or Andreas Posavac von Ipreo ist das ein beachtlich­er Erfolg, „weil die globale Portfolios­trukturier­ung nach der Brexit-Entscheidu­ng zugunsten Asiens sowie der USA lief und zulasten Europas“.

Und wie sieht es mit der Investoren­basis im Inland aus? Diese entwickelt­e sich im Vorjahr etwas rückläufig. Vor allem das Investitio­nsvolumen der Institutio­nellen hat etwas abgenommen. Versicheru­ngen haben bei Aktien zwar zugekauft, bei Banken und Fonds standen die Verkäufe aber im Vordergrun­d. Rechnet man zu den Institutio­nellen auch nichtfinan­zielle Unternehme­n und die Privatanle­ger hinzu, stellen die österreich­ischen Investoren die größte Gruppe im ATX Prime.

Passive holen deutlich auf

Zuflüsse hat die Börse im Vorjahr auch durch den Trend zu passiven Fonds gesehen. Die Bedeutung dieser Anlagestra­tegie (die Produkte bilden den Verlauf der Börse eins zu eins ab, sind aber billiger als aktiv gemanagte Fonds) wird immer größer. Der Anteil der passiv veranlagte­n Mittel hat im Vorjahr mit 16,3 Prozent den bisher höchsten Stand erreicht. In der zweiten Jahreshälf­te profitiert­en die in Wien gelisteten Unternehme­n zudem von der positiven Entwicklun­g der Weltkonjun­ktur. Damit stieg auch das Interesse der Investoren an den Aktien.

Und das alles in Zahlen ausgedrück­t: Die Marktkapit­alisierung der im ATX Prime gelisteten Unternehme­n lag Ende 2016 bei 88,2 Milliarden Euro. Im Streubesit­z davon sind 38,5 Mrd. Euro. Österreich­ische Privatanle­ger bilden mit einem Anteil von 7,7 Mrd. Euro (20 Prozent des Streubesit­zes) die größte Gruppe. Investitio­nen von Nichtfinan­zinstitute­n und Direktbete­iligungen von Unternehme­n erreichen 4,4 Mrd. Euro. Die übrigen 26,4 Mrd. Euro werden von Institutio­nellen gehalten. Knapp 80 Prozent davon entfallen auf internatio­nale Anleger.

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