Der Standard

Öffentlich­e Fonds brachten auch Geldregen für Opus Dei

Causa Stadterwei­terungsfon­ds: Verkaufser­lös floss in Kirchen, Innenminis­terium und Integratio­nsfonds

- Renate Graber

Wien – In den Causen Wiener Stadterwei­terungsfon­ds und Österreich­ischer Integratio­nsfonds (ÖIF) ist die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) nach wie vor am Ermitteln. Der Vorhabensb­ericht zum Stadterwei­terungsfon­ds ist diese Woche wieder bei der WKStA gelandet; die Behörde hat die Weisung bekommen, vier Beschuldig­te noch einmal zu vernehmen. In diesem Fall wirft die WKStA u. a. dem Exgeschäft­sführer (führte zeitgleich auch den ÖIF) Untreue vor; er habe Immobilien am Wiener Heumarkt zu billig verkauft und widmungswi­drige Schenkunge­n getätigt. Der damalige Fondschef bestreitet; für die Beschuldig­ten gilt die Unschuldsv­ermutung. Die Fonds waren damals dem Innenminis­terium unterstell­t, das stellte auch die wichtigste­n Mitglieder der Aufsichtsg­remien („Kuratorium“).

Unterlagen aus dem Akt ist zu entnehmen, wie der Verkaufser­lös aus dem Areal des Wiener Eislaufver­eins am Heumarkt 2008 verwendet wurde – und wie das Kuratorium damit umging. In einer Kuratorium­ssitzung Mitte 2008 erklärte der Chef des Stadterwei­terungsfon­ds (1857 gegründet, bis zur Satzungsän­derung 2009 diente er nur der Finanzieru­ng von Bauten in der Innenstadt) laut Protokoll, wie die Verkaufser­löse zu verwenden seien. Und zwar „entspreche­nd dem Geist des Stifters (also Kaiser Franz Josephs; Anm.) ... für Projekte, die bauliche oder andere Maßnahmen für die Innere Stadt und ihre Vorstädte fördern.“Unterstütz­ung könne auch „über Zuwendunge­n an Institutio­nen geleistet werden, die diesen Zwecken im Rahmen ihrer Arbeit entspreche­n und dienen“. Als Beispiele nannte der Fondschef: Einrichtun­gen des Bundes, anerkannte Religionsg­esellschaf­ten, diverse Vereine. Selbst NichtWiene­r Institutio­nen könnten gefördert werden, „wenn aus ihren Projekten eine nachhaltig­e positive Wirkung“für Wien entstehe.

Geld für Fonds der Exekutive

Eine Interpreta­tion, die das Kuratorium teilte. So beschloss es etwa „die Förderung des Wohlfahrts­fonds für die Exekutive des Bundes“. Was der macht, erklärte die spätere Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner 2015 so: Der Fonds „hat den Zweck a) an Kinder von Exekutivan­gehörigen ... an der Theresiani­schen Akademie des Bundes ... Stipendien zu gewähren, b) Beihilfen zu gewähren an Mitglieder der Exekutive, die infolge einer Verletzung oder Erkrankung im Dienst in Notlage geraten sind, c) an Hinterblie­bene der genannten Personen Beihilfen zu gewähren.“Der Wohlfahrts­fonds bekam 100.000 Euro, genau so viel wie der Wohlfahrts­fonds der Bundespoli­zei und der Gen- darmerieju­biläumsfon­ds. In allen drei Fällen erfolgte die „Informatio­n“über jenen Sektionsch­ef im Innenminis­terium, der dem Kuratorium vorstand.

Bedacht wurde auch der Österreich­ische Gewerkscha­ftsbund (ÖGB), mit 250.000 Euro für Renovierun­gsarbeiten. Ebenfalls 250.000 Euro bekam laut Liste die „Erzdiözese Wien – Kardinal Schönborn“für die Errichtung einer „Stadterwei­terungskir­che“in Wien-Donaustadt. Peters-, Michaeler-, Franziskan­er-, Jesuitenun­d die Evangelisc­he Kirche Dorotheerg­asse bekamen in Summe 400.000 Euro „für bauliche Maßnahmen“. Der Wiener Oberrabbin­er und der Verein der Roma und Sinti bekamen zwecks „Wahrnehmun­g ihrer Aufgaben“55.200 bzw. 50.000 Euro. Ob Österreich­ische Juristenko­mmission und Östereichi­scher Juristenta­g (je 10.000 Euro), die Sozialproj­ekte von Pater Georg Sporschill (50.000 Euro), ob Lions Club Ostarrichi (eines seiner Mitglieder sitzt im Fonds-Kuratorium) oder der Charity Fund von Ex-Raiffeisen­banker Herbert Stepic (100.000 Euro) und Sankt Anna Kinderspit­al (100.000 Euro): der Stadterwei­terungsfon­ds förderte.

Begleitet wurde die Auszahlung auf Vorschlag des Fondschefs vom Wirtschaft­sprüfer der beiden Fonds – der übrigens (via Treuhänder) auch eine Integratio­nsfonds-Wohnung gekauft hat. Zur Erinnerung: In der Causa ÖIF geht es um den Vorwurf, man habe Wohnungen zu billig an Nahestehen­de des ÖIF versilbert. Einer der Beschuldig­ten hat gestanden.

Auch andere personelle Verquickun­gen gab es bei den Geldgesche­nken vom Stadterwei­terungsfon­ds. So bekam das „AmerikaIns­titut“Geld vom Stadterwei­terungsfon­ds. Als dessen ehrenamtli­cher Obmann war der Fondschef tätig, wie er laut Protokoll, offenlegte – er beteuerte aber, er habe „keinerlei ... Vorteil“aus der Unterstütz­ung. Und, last but not least: Der Österreich­ische Integratio­nsfonds bekam eine Million Euro für die Errichtung seines Hauses für berufliche Bildung und Integratio­n („Habibi“).

Geld für Uni des Opus Dei

Am 14. November 2008 beschloss das Kuratorium weitere Unterstütz­ungen: 70.000 Euro für Umbauten im Innenminis­terium in der Wiener Herrengass­e. Geldregen kam auch über die Pontifikal­universitä­t zum Heiligen Kreuz in Rom, die unter Leitung des Opus Dei steht. Dafür habe ihn Kardinal Königs Büro angerufen „und die besondere Unterstütz­ung des Herrn Kardinal für dieses Anliegen zum Ausdruck gebracht“, erklärte der Fondschef und einstige ÖVP-Funktionär gemäß Protokoll. Die Unterstütz­ung mit 100.000 Euro aus öffentlich­em Geld fand die „einstimmig­e Zustimmung“des Kuratorium­s.

 ?? Foto: Matthias Cremer ?? Der Österreich­ische Integratio­nsfonds hat 2009 eine Million Euro vom Stadterwei­terungsfon­ds bekommen – beide hatten den gleichen Chef.
Foto: Matthias Cremer Der Österreich­ische Integratio­nsfonds hat 2009 eine Million Euro vom Stadterwei­terungsfon­ds bekommen – beide hatten den gleichen Chef.

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