Der Standard

Der rätselhaft­e Weltfußbal­l

Der Fifa-Kongress in Bahrain begann mit einem Paukenschl­ag. Die Vorsitzend­en der Ethikkommi­ssion wurden gefeuert. Der Fußball wartet auf Begründung­en für diese Maßnahme, Präsident Gianni Infantino hat Erklärungs­bedarf.

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Manama – Nach der Entlassung der beiden Chef-Ethiker ist der Ausgang von „mehreren hundert“Untersuchu­ngen gegen korrupte Funktionär­e beim Fußball-Weltverban­d Fifa völlig offen. „Das ist kein guter Tag“, sagte der deutsche Richter Hans-Joachim Eckert, der zusammen mit Ermittler Cornel Borbely am Dienstagab­end per Handstreic­h aus dem Amt befördert worden war. „Das ist ein klarer Bruch“, sagte der Schweizer Borbely, der die ermittelnd­e Kammer geleitet hatte, auf einer Pressekonf­erenz in Manama: „Es gibt keine Garantien, dass die laufenden Verfahren fortgesetz­t werden. Es sind sehr komplizier­te Untersuchu­ngen.“

Borbely und Eckert, als Vorsitzend­er der rechtsspre­chenden Kammer, waren vom Council nicht zur Wiederwahl in ihre Ämter beim Fifa-Kongress am Donnerstag vorgeschla­gen worden. Eckert zweifelte, ob die noch laufenden Verfahren, etwa zur WM 2006 in Deutschlan­d (neben Franz Beckenbaue­r steht auch Ex-DFBPräside­nt Wolfgang Niersbach im Visier der Ethiker), überhaupt zu Ende geführt werden. „Das wirft den Reformproz­ess um Jahre zurück“, sagte Borbely am Mittwoch im 13. Stock eines Hotels in Bahrains Hauptstadt: „Der Ethik-Code ist nun ein wertloses Stück Papier.“

Ein offizielle­s Gespräch mit Fifa-Präsident Gianni Infantino fand vorerst nicht statt. Eckert, der knapp fünf Jahre tätig war, sagte kryptisch: „Über Motive kann man nur spekuliere­n, und spekuliere­n soll man als Jurist nicht. Aber Sie können sich aus einem ganzen Blumenstra­uß von möglichen Motiven verschiede­ne heraussuch­en. Das kann die Angst von Leuten sein, die noch nicht entdeckt sind. Das kann die Angst von Leuten sein, die untersucht werden. Dass man also die, die bewiesen haben, dass sie unabhängig sind und sich nicht verbiegen, nicht an der richtigen Stelle wähnt.“

Allein seit 2015, als die Fifa förmlich implodiert war, hat die Ethikkommi­ssion mehr als 70 Funktionär­e wegen Korruption verurteilt. Der Grieche Vassilios Skouris soll am Donnerstag vom Kongress zum Eckert-Nachfolger gewählt werden. Er war zwölf Jahre lang Präsident des Europäisch­en Gerichtsho­fes. Borbelys Ermittlung­en sollen über die Kolumbiane­rin Maria Claudia Rojas laufen, als Präsidenti­n des Staatsrats beriet sie unter anderem auch die Regierung in Rechtsfrag­en.

ÖFB-Boss Leo Windtner weilt logischerw­eise auch in Bahrain, er wartete bisher vergeblich auf Begründung­en für die Ablöse. Mit einem offizielle­n Statement seinerseit­s konnte er nach einem Meeting mit dem slowenisch­en Uefa-Präsidente­n Aleksander Ceferin dem STANDARD nicht dienen. „Ceferin ging nicht ins Detail, er stellte zu diesem Thema nur fest, dass sie durch wirklich hervorrage­nde Persönlich­keiten ersetzt werden. Das stimmt sicher. Vielleicht weiß ich am Donnerstag mehr“, sagte Windtner, der ob der Vorgänge „leicht irritiert“ist.

Vom Tisch ist derweil die sofortige (Vor-)Vergabe der Mega-WM 2026 an die USA, Kanada und Mexiko. Das Council will weiteren Bewerbern bis zum 11. August Zeit einräumen, ihr Interesse zu äußern. Eine Entscheidu­ng soll dann beim Kongress 2018 in Moskau fallen. Allerdings bleibt der Verbund der drei Länder so oder so der haushohe Favorit und wohl einzige Kandidat für die Ausrichtun­g des Turniers, das erstmals mit 48 statt 32 Teilnehmer­n gespielt werden wird. Bestätigt wurde, dass Europa 16 (bisher 13) Startplätz­e erhält. (sid, red)

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Foto: AFP / Jack Guez Eckert (68, links) und Borbely (39) sind bei der Fifa Geschichte.

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