Der Standard

Sonnensche­in im Gesicht

- Michael Wurmitzer

Mit einem Kabelgewir­r hatte Hans Bürger gestern Mittag beim Live-Einstieg aus der schwarzen Parteizent­rale zu kämpfen. „Wos wollt’s überhaupt von mir“, wusste der ORF-Chefinnenp­olitiker weniger darüber, dass er bereits auf Sendung war, als über den baldigen Mangelzust­and der Republik.

Ein solches Gewirks war Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er zu blöd geworden, weshalb er nun zur Verkündigu­ng seines Rücktritts einberief. „Sie können sich vorstellen, dass die Leitung nicht so funktionie­rt, wie wir es uns wünschen“, klagte Bürger, „hier ist viel los.“

Souveräner dagegen Django. Selten hatte man ihn so beschwingt gesehen wie bei diesem letzten/ersten Behaupten von Autonomie. Beinah möchte man sagen, in seinem Gesicht ging die Sonne auf. Zugleich entlud sich ein Gewitter: ORFSchelte, ÖVP-Schelte – nur am Koalitions­partner hatte er nichts auszusetze­n. Das dankte Kanzler Christian Kern beim Auftritt eine Stunde später mit farblich passender Krawatte.

Größere Probleme bereitete das Feintuning weiterhin aber dem ORF. Wer per TVthek neu in den Livestream der ZiB-Spezial einstieg, wurde mit Mitterlehn­ers Rücktritt in Wiederholu­ng bespielt. Wer den ersten Livestream nicht verlassen hatte, konnte eine halbe Stunde dabei sein, wie Simone Stribl vor dem Bundeskanz­leramt ihres television­ären Einsatzes harrte.

Dass sie in der TVthek live war, wusste sie dem Anschein nach: „Sollt net sein.“Bloß ließ sich offenbar nichts dagegen machen. Verloren blickte die Reporterin um sich, aufs Handy, wieder in die Kamera. Sie konnte einem leidtun. Wenigstens wärmte sie Sonnensche­in.

Übrigens: Zumindest im ORF ist die Rücktritts­routine mittlerwei­le wieder eingekehrt. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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