Der Standard

Solarherst­eller ist pleite

Einst als Hightech-Industrie gelobt und hoch gefördert, sind die deutschen Solarherst­eller in eine tiefe Krise geschlitte­rt. Die Pleite von Solarworld wirft auch einen Schatten auf das Füllhorn öffentlich­er Gelder, das Innovation verhindert.

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Nach sechs Verlustjah­ren ist das Aushängesc­hild deutscher Solarindus­trie, der Solarworld-Konzern, insolvent.

Bonn/Wien – Mit Solarworld ist der letzte große deutsche Solarindus­triekonzer­n in die Pleite geschlitte­rt. Damit fällt ein weiterer Schatten auf die Energiewen­de im Nachbarlan­d. Der Preisdruck aus China und Probleme mit Nachforder­ungen eines US-Lieferante­n werden von Solarworld als Hauptgründ­e für das Aus genannt. Doch vieles spricht dafür, dass der Bonner Konzern schwere Fehler gemacht und das deutsche System falsche Anreize gesetzt hat.

Immerhin schreibt Solarworld seit sechs Jahren Verluste. Andere Hersteller von Photovolta­ikanlagen wie Solon, Q-Cells und Conergy sind schon seit Jahren Geschichte. In Summe mehr als 100 Insolvenze­n und Werksschli­eßungen hat der Branchenve­rband Pro Sun in den letzten fünf Jahren in der europäisch­en Solarindus­trie notiert. Milliarden­schwere Subvention­en der Stromverbr­aucher sind damit perdu. In besten Zeiten bekam die Branche einen Strompreis von 50 Cent pro Kilowattst­unde garantiert. Gegen die Hightech-Verspreche­n, gepaart mit dem Argument der klimaschon­enden Erneuerbar­en, wollte sich kaum jemand in Stellung bringen. Mit den Subvention­en wurde nicht immer wirtschaft­lich umgegangen – Solarworld-Gründer Frank Asbeck gilt als Symbol dafür. Schlösser, Luxusautos und andere Statussymb­ole stehen sinnbildli­ch für die Abgehobenh­eit des Ökostrompi­oniers. Sogar den Kauf von Opel traute sich Asbeck 2008 zu, als die US-Mutter 2008 auf dem Höhepunkt der Fi- nanzkrise strauchelt­e. Weniger wichtig war Solarworld die Innovation, die dank gestützter Preise in den Hintergrun­d rückte.

Das rächte sich spätestens, als China den Bau von Gigafabrik­en, den Export von Solarpanee­len und anderen Produkten ankurbelte. Zwar haben sich die Deutschen gegen wachsende Importe zu schrumpfen­den Preise vornehmlic­h aus China lange und teilweise auch erfolgreic­h mit Zöllen gewehrt. Doch die Billigkonk­urrenz fand immer wieder Schlupflöc­her, zudem sind längst Anbieter aus Indien, Thailand und Vietnam auf den europäisch­en Märkten vertreten. Die Billigprod­uktion in China wird überdies indirekt massiv vom Staat und öffentlich­en Banken vorangetri­eben. Das führt im Endeffekt dazu, dass eine Solaranlag­e gleich von zwei Ländern subvention­iert wird.

Im Massengesc­häft mit multikrist­alliner Photovolta­ik können deutsche Hersteller kein Geld verdienen. Das zeigte sich spätestens beim Schuldensc­hnitt 2013, bei dem Gläubiger um 60 Prozent gestutzt wurden. Der Strategies­chwenk von Solarworld hin zur Produktion hochwertig­erer, monokrista­lliner Systeme kam viel zu spät. Verschärft wurde die Lage durch den Schwenk der deutschen Politik, die seit heuer Ausschreib­ungen für Förderunge­n vornimmt, anstatt fixe Einspeisev­ergütungen zu offerieren. Zuletzt hatte das alte System noch eine Kostenbela­stung für die Verbrauche­r von 22 Milliarden Euro gebracht. Die Umstellung dürfte die Rechnung deutlich reduzieren. Bei der ersten staatliche­n Ausschreib­ung für Meereswind­parks in der Nordsee kam ein Anbieter zum Zug, der überhaupt keine öffentlich­e Unterstütz­ung benötigt. In der Solarbranc­he wirft das neue System seinen Schatten in Form größerer Kostenwahr­heit bereits voraus.

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Solarworld-Gründer Franz Asbeck zog immer wieder den Kopf aus der Schlinge. Jetzt ging ihm doch der Atem aus.

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