Rücktritt nach NS-Postings
Nach dem Bekanntwerden von antisemitischen und rassistischen Postings von AG-Funktionären kündigte nun auch der Spitzenkandidat der AG an der Uni Wien seinen Rücktritt an. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein, die ÖH drehte den Geldhahn zu.
Auch der Spitzenkandidat der AG an der Uni Wien für die ÖH-Wahl zieht sich nach dem Bekanntwerden antisemitischer Postings zurück.
Wien – An der Uni Wien gehen die Wogen nach der Veröffentlichung von Postings aus zwei geschlossenen Facebookgruppen und eines Whatsapp-Chats weiter hoch. In diesen hatten Funktionäre der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft (AG) Jus NS-verherrlichende, sexistische und antisemitische Memes und Bilder geteilt und sich über Menschen mit Trisomie 21 lustig gemacht.
Als Reaktion bestätigten bereits am Mittwoch einige Funktionäre ihre Mitgliedschaft in den Gruppen und entschuldigten sich öffentlich. Auch gaben sie an, ihre Funktionen in der Studienvertretung (StV) und der Fakultätsvertretung (FV) Jus niederzulegen.
Am Donnerstag zog der Spitzenkandidat der AG an der Uni Wien und ÖVP-Gemeinderat in Niederösterreich, Alexander Grün, via Twitter nach. „Ich habe zwar nie etwas verwerfliches (sic) gepostet, jedoch habe ich auf ein Bild mit ‚haha‘ reagiert, das eine mir bekannte Person auf einer Fotomontage als Nazi darstellt“, schreibt er. Das Foto zeigt einen AG-Funktionär, dessen Gesicht über ein Bild von Reichsminister Joseph Goebbels in einer NSDAP-Uniform retuschiert wurde. Darunter war der Spruch „wollt ihr die kleine Studienplanreform, oder wollt ihr die totale?“zu lesen – eine Anspielung auf Goebbels Sportpalastrede, in der er zum „totalen Krieg“aufrief.
Die Gruppen liefen laut Grün bei ihm auf „stumm“, einige der „grausamen Posts“habe er zum ersten Mal in Zeitungen gesehen, andere habe er „zwar gesehen, aber ignoriert“. Als Obmann der AG Uni Wien, so schreibt er weiter, hätte er die „Fortsetzung derart widerlicher Posts sofort unterbinden müssen“. Als Konsequenz aus dem „unentschuldbaren Fehler“habe er alle Funktionen zurückgelegt. Auch habe er dem AGBundesvorstand seinen Verzicht auf ein bei der ÖH-Wahl auf ihn entfallenes Mandat mitgeteilt.
Gesammelte Rücktritte
Ein Sprecher der Bundes-AG bestätigt, dass aktuell „Rücktrittserklärungen“der beteiligten Kandidaten gesammelt würden. Am Montag würden alle der Wahlkommission übergeben – und wirksam werden, falls ein Mandat auf einen der Beteiligten fällt.
Dass der AG-Spitzenkandidatin Silvia Grohmann die Gruppen bekannt gewesen sein sollen – sie selbst ist in einer Facebookgruppe, wo darüber diskutiert wurde –, verneint der AG-Sprecher. Man habe zwar gewusst, dass es eine „Männergruppe“gibt, genauso gebe es eine der Frauen. Groh- mann habe nichts über das, was dort gepostet wurde, gewusst. Man wolle eine „lückenlose Aufklärung“sicherstellen und „konsequent sämtliche Beteiligte ausschließen“, so Grohmann. 17 Personen seien laut AG schon ausgeschlossen worden.
Die Staatsanwaltschaft hat am Donnerstag auf STANDARD- Anfrage bestätigt, Ermittlungen gegen Unbekannt eingeleitet zu haben. Ermittelt werde etwa wegen des Verdachts auf Verhetzung und wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz. Welche Straftatbestände ge- nau betroffen sein könnten, würde sich erst herausstellen, auch um wie viele Personen es gehe.
Die ÖH Uni Wien zieht derzeit Konsequenzen wegen eines anderen Vorwurfs. Man hätte Informationen, dass die Staatsanwaltschaft gegen die FV Jus wegen möglicher Untreue ermittle, so die ÖH. Die AG wies die Vorwürfe zurück: Es handle sich um Funktionäre der FV Wirtschaftswissenschaften, Ex-AG-Mitglieder, die die AG selbst angezeigt hätte. Laut ÖH Uni Wien wurden alle Zahlungen an beide FVs gestoppt.