„Von beiden Seiten wurden rote Linien überschritten“
Der Vorarlberger Landeshauptmann und VP-Chef Markus Wallner unterstützt Sebastian Kurz und fordert mehr Kompetenzen für den neuen Bundesparteiobmann. Wallner will rasche Entscheidungen.
Standard: Soll Sebastian Kurz Parteiobmann und Vizekanzler werden, oder soll man die Funktionen trennen? Wallner: Das ist eine Variante, zuerst müssen wir aber rasch eine Entscheidung über den Parteiobmann fällen. Sebastian Kurz hat die volle Vorarlberger Unterstützung. Spätestens am Sonntagabend muss feststehen, wie es weitergeht. Dann muss in erster Linie Sebastian selber klären, wie er sich weitere Schritte vorstellt. Die erste Frage wird sein: Zustand der Bundesregierung, und wie geht’s weiter?
Standard: Der Zustand der ÖVP ist keine Frage? Wallner: An dieser Frage soll man sich nicht vorbeischwindeln. Aber die letzten Monate, da schließe ich niemanden aus, war ein Dauerkonflikt in der Bundesregierung feststellbar. Der hatte auch innerparteilich Wirkung. Letztlich führt so was zu Brüchen. Dieser Konflikt ist schon sehr auf den Nerv gegangen. Einige rote Linien wurden von beiden Seiten überschritten. Zuletzt gab es auch von der ÖVP Tiefpunkte in der Wortwahl. Der Sobotka-Sager war nicht hilfreich, das muss man zugeben. Sebastian Kurz mit einem Massenmörder zu vergleichen, wie von Kerns Sohn geschehen, war auch nicht charmant. Dauerwahlkampf und Stellungskriege sind mit Regierungsarbeit nicht vereinbar.
Standard: Sie also sind für Neuwahlen? Wallner: Ich war eigentlich nie ein Freund von Neuwahlen. Aber ich muss zur Kenntnis nehmen, dass diese Regierung so nicht weiterarbeiten kann. Der Plan A des Bundeskanzlers ist eine Werbekampagne, eine Provokation in Richtung Neuwahlen. Standard: Also keine Reformpartnerschaft? Wallner: Das hat Kurz zu entscheiden. Zurufe von außen sind nur bedingt sinnvoll. Kern hat, kurz bevor er die Reformpartnerschaft angeboten hat, ganze Bataillone ausgeschickt, um Kurz fertigzumachen, das ist doch schon etwas doppelbödig, die Glaubwürdigkeit ist am Nullpunkt.
Standard: Wie könnte Kurz die ÖVP verändern? Wallner: Die Partei hat jetzt mit dem Sebastian die Chance zum Generationswechsel. Da liegt die Herausforderung. Die muss er anpacken können und ein Team bilden können, dem er vertrauen kann. Vor allem in der Frage der Spitzenfunktionen braucht er Handlungsspielraum. Das haben wir im Land ja auch. Der Landeshauptmann stellt die Regierung zusammen.
STANDARD: Werden sich die Vorarlberger von Wien aus sagen lassen, wer sie im Nationalrat vertritt? Wallner: Ich bin für eine partnerschaftliche Vorgangsweise. Es gibt Bundeslisten und Spitzenkandidaten auf Landeslisten, bei denen man miteinander reden kann.
Standard: Was soll sich an der ÖVP-Struktur ändern, wird man die Bünde überdenken? Wallner: Von meiner Seite besteht da ziemliche Offenheit. Wesentlich werden die Vorstellungen des neuen Obmanns sein und wie die Landesparteien und Bünde mit der Bundespartei zusammenwirken können. Wir müssen die Partei partnerschaftlich gestalten.
MARKUS WALLNER (49) ist seit 2011 Vorarlberger Landeshauptmann und VP-Chef.