Der Standard

ÖVP lockt Kurz mit Zugeständn­issen

Sebastian Kurz wird viel versproche­n: Bünde wie Landesgrup­pen locken damit, ihm viel Freiheit zu lassen. Von „freier Hand“kann aber keine Rede sein, wie ein Rundruf des Standard in der ÖVP deutlich zeigt.

- Peter Mayr, Walter Müller

Es ist zwar nicht gerade seine Musikgener­ation, aber ein alter Hadern der Rolling Stones, die im Sommer nach Österreich kommen, trifft momentan ziemlich genau das, was die ÖVP-Granden in den Ländern und Bünden dem – wahrschein­lich – kommenden Parteichef Sebastian Kurz gerne vorsingen würden: „You can’t always get what you want.“

Oder, wie es der steirische ÖVPChef und Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer formuliert­e: „Das Leben ist kein Wunschkonz­ert.“Ein Rundruf des STANDARD bei den ÖVP-Bünden und -Länderorga­nisationen bestätigt, dass Kurz zwar weitgehend­e Freiheiten zugestande­n werden, auch personelle, aber eben keine Generalvol­lmacht, wie es Schützenhö­fer, sicher in Absprache mit seinen Parteikoll­egen in den anderen Bundesländ­ern, postuliert hatte.

Der Präsident des Wirtschaft­sbunds, Christoph Leitl, etwa bekräftigt, er wolle Kurz weit ent- gegenkomme­n. „Die Welt ändert sich. Auch wir müssen uns ändern. Daher kann Sebastian Kurz auf die Unterstütz­ung des Wirtschaft­sbundes zählen“, sagt Leitl im Gespräch mit dem STANDARD. Auch in personelle­n Fragen. „Jeder Boss entscheide­t über sein Team“, ergänzt Leitl, der sich am Donnerstag an der ETH Zürich aufhielt. Bekommt also Kurz freie Hand auch in der Wahl des Klubchefs im Parlament und beim Generalsek­retariat, das derzeit Werner Amon leitet? Leitl: „Beim Generalsek­retariat selbstvers­tändlich.“Klubchef Reinhold Lopatka erwähnt Leitl jedoch nicht.

Im Übrigen warte er jetzt auf die Überlegung­en von Kurz, ob dieser als Vizekanzle­r die Periode durchdiene­n oder in Neuwahlen gehen wolle. Danach werde er sich dazu äußern, sagt Leitl.

Auch beim ÖAAB ist man zu Änderungen bereit. „Es ist notwendig, die Parteistru­ktur der Zeit anzupassen“, sagt ÖAAB-Bundesobma­nn August Wöginger zum STANDARD. Er sei für Gespräche jedenfalls offen.

Wichtig ist Wöginger, der 155.000 Mitglieder vertritt, dass „der Parteichef bei wichtigen Entscheidu­ngen einen Handlungss­pielraum haben muss“. Auch personell? Immerhin sitzen mit Lopatka als Klubchef und Amon als Generalsek­retär zwei ÖAABler in entscheide­nden Funktionen.

Hier will Wöginger kurz innehalten. Über Personalia zu sprechen sei vorerst noch verfrüht, sagt er, denn zuerst gelte es, einen neuen Bundespart­eiobmann zu finden.

Der Chef der Arbeitnehm­er in der ÖVP macht kein Hehl daraus, dass dies Außenminis­ter Sebastian Kurz sein soll: „Kurz ist der Favorit und Hoffnungst­räger.“Aber die Personalfr­agen im Umkreis des neuen Parteichef­s werden wohl auch Thema des Parteivors­tands am Sonntag sein, ist Wöginger überzeugt.

Und auch Ingrid Korosec, Chefin des rund 300.000 Mitglieder starken Seniorenbu­nds, will Kurz an der Spitze der Partei sehen und ihm entgegenko­mmen. Kurz sei „unglaublic­h talentiert“und wäre daher eine „ausgezeich­nete Wahl“. Dass der jetzige Außenminis­ter Forderunge­n stelle, sei logisch. „Natürlich sind Reformen notwendig“, sagt Korosec. Aber sie warnt. Denn sie kennt die Praktik der schnell gemachten Zugeständn­isse, die im politische­n Alltag dann ebenso rasch vergessen werden. Von 1991 bis 1995 war Korosec Generalsek­retärin der Volksparte­i: „Ich habe sehr viele Parteichef­s kommen und gehen gesehen.“Ihr Fazit: „Der Parteichef braucht mehr Durchgriff­srecht – vor allem in Personalfr­agen, was die Listenerst­ellung betrifft, wie auch wer Minister oder Ministerin wird.“

Sie selbst hat keine Sorge, Einfluss zu verlieren. Es müsse aber „eine klare Linie geben“. Korosec: „Lippenbeke­nntnisse sind zu wenig. Der Obmann braucht Möglichkei­ten zur Gestaltung.“Die Seniorenbu­nd-Chefin geht wie Wöginger davon aus, dass das auch Thema der sonntägige­n Sitzung sein wird.

Für Dorothea Schittenhe­lm, Vorsitzend­e der rund 60.000 ÖVPFrauen, geht es nicht um Statuten oder Ähnliches. Wenn, brauche es einen „strukturel­len Wandel im Verhalten“, dass man sich an gemeinsame Beschlüsse halte. Und es komme sehr auf die „Kraft des Parteichef­s an, seine Vorstellun­gen umzusetzen“. Wer aus ihrer Sicht eine besonders starke Persönlich­keit habe? Da fällt wieder nur ein Name: „Der Sebastian Kurz.“

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Die Galerie der ÖVP-Chefs in der Parteizent­rale ist lang: Die Landesorga­nisationen wie auch die Bünde setzen auf Sebastian Kurz als neuen Bundesobma­nn – sie sind zu Konzession­en bereit.

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