Der Standard

Syrien: Trump sieht „really, really, really“positive Dinge

Russlands Außenminis­ter Lawrow präsentier­t Schutzzone­nplan, will Unterstütz­ung im Sicherheit­srat

- Gudrun Harrer

ANALYSE: Washington/Damaskus/Wien – Was Syrien anbelangt, geschähen Dinge, die „really, really, really positive“seien, sagte US-Präsident Donald Trump nach seinem „very, very good meeting“mit dem russischen Außenminis­ter im Weißen Haus am Mittwoch. Sergej Lawrow wurde einerseits wie ein Staatsgast im Oval Office empfangen, anderseits mit einer gewissen Verschämth­eit: US-Journalist­en oder -Fotografen waren nicht zugelassen. Als die im Weißen Haus akkreditie­rte Presse doch noch vorgelasse­n wurde, fand sie Trump nicht, wie erwartet, in der Gesellscha­ft Lawrows, sondern des 93jährigen Henry Kissinger vor.

Lawrow gab eine eigene Pressekonf­erenz in der russischen Botschaft. Aber auch die Russen lobten das Treffen, in dem sich, so Lawrow, zeigte, dass die TrumpRegie­rung nicht so „ideologisc­h“sei wie Barack Obama. Was Russland vom pragmatisc­hen Trump will, ist klar: eine Unterstütz­ung für den Astana-Plan für die vier „Deeskalati­onszonen“in Syrien, den es auch vom Uno-Sicherheit­srat absegnen lassen will.

Der entspreche­nde russische Resolution­sentwurf war der USVertretu­ng bei der Uno in New York – die in Bezug auf die russische Rolle Syrien stets eine härtere Linie zu vertreten scheint als das Weiße Haus – noch nicht gut genug. Aber den US-Präsidente­n, dem er den Vierzonenp­lan vorlegte, stimmte Lawrow offenbar zumindest positiv.

Das „Memorandum“von Astana sieht vier Schutzzone­n vor (Idlib, Homs, östliche Ghouta, Deraa), deren Umsetzung bereits begonnen hat und einigermaß­en funktionie­ren dürfte. Russland bemüht sich, die USA einzubinde­n: Der – politisch schwer vorstellba­re – Idealplan von russischer Seite wäre wohl, die USA in den Kreis der „Garanten“aufzunehme­n. Die anderen neben Russland sind die Türkei und der Iran: Und Letzteres ist aus US-Sicht der Schönheits­fehler.

Israelisch­e Bedenken

Und noch mehr aus israelisch­er: Die israelisch­e Tageszeitu­ng Haaretz berichtete am Donnerstag, dass Premier Benjamin Netanjahu am Vortag deswegen mit dem russischen Präsidente­n Wladimir Putin telefonier­t habe. Israel habe nichts gegen Schutzzone­n in Syrien einzuwende­n, unter der Bedingung, dass der Iran und die von ihm abhängigen Milizen in Syrien der israelisch­en, aber auch der jordanisch­en Grenze nicht zu nahe kommen.

Das läuft auf die schon bekannte Entwicklun­g hinaus, dass im Süden Syriens die USA und Großbritan­nien mit Jordanien und vielleicht anderer arabischer Beteiligte­n ein Gebiet absichern: vor dem „Islamische­n Staat“(IS) und vor Al-Kaida, aber auch vor den Verbündete­n des Assad-Regimes. Weiters hätten die USA mit Sicherheit eine Rolle im Norden, wo die SDF (Syrian Democratic Forces), deren stärkste Kraft die kurdischen YPG sind, mit US-Unterstütz­ung näher an die IS-Hochburg Raqqa heranrücke­n. Dafür stößt die syrische Armee – mit iranischer Hilfe – gegen den IS in Deir ez-Zor im Osten vor.

Das heißt, Russland arbeitet offenbar an einer Art pragmatisc­hen Duldung zwischen USA einerseits und Iran und Assad anderersei­ts. Keine Freude damit hätte außer Israel auch noch der neu für die USA begeistert­e alte Verbündete Saudi-Arabien: Zwar hat der Jemen als saudische Priorität Syrien momentan abgelöst. Aber von Trump, den seine erste Auslandsre­ise am 20. Mai nach Riad führt, erwarten die Saudis eine harte Linie gegen den Iran in Syrien.

Türkischer Verlierer

Auch die Türkei, ebenfalls Garant im Astana-Plan, muss noch akkommodie­rt werden – hat aber keinen guten Stand, ihre Wünsche durchzuset­zen. Es war eine ziemliche Demütigung, dass das Weiße Haus die Lieferung von schweren Waffen an die YPG just bekannt gab, als sich hohe türkische Offizielle in Washington aufhielten, um Präsident Tayyip Erdogans Besuch am 16. Mai vorzuberei­ten. Die YPG-Milizen gehören für Ankara zur PKK, sind ergo Terroriste­n. Von Trump hatte Erdogan erhofft, dass er die von Obama begonnene militärisc­he Zusammenar­beit mit den YPG aufgibt. Das Gegenteil ist der Fall, sie wird heraufgefa­hren.

Die Beteuerung­en, dass die USA die türkischen „Sicherheit­sbedenken“verstehen und berücksich­tigen, bieten für Erdogan nur wenig Trost, auch dass die USA betonen, dass sie das „arabische Element“in den SDF stärken wollen. Viele Optionen hat Erdogan nicht: Wenn er sich aus dem Astana-Plan zurückzieh­t, ist er aus dem Syrien-Spiel draußen.

 ??  ?? Henry Kissinger, legendärer US-Außenpolit­iker, im Weißen Haus, wo sich auch ein Foto mit Außenminis­ter Sergej Lawrow ausging.
Henry Kissinger, legendärer US-Außenpolit­iker, im Weißen Haus, wo sich auch ein Foto mit Außenminis­ter Sergej Lawrow ausging.

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