Der Standard

Vollkaskos­chutz für VW-Führung

Hauptversa­mmlung entlastete trotz neuer Ermittlung­en

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Washington/Wolfsburg – Volkswagen wird den Dieselskan­dal nicht los. Die finanziell­en Lasten – sie belaufen sich mit dem jüngsten US-Vergleich auf 22,6 Milliarden Euro – haben die Wolfsburge­r weitgehend im Griff, die Gewinne sprudeln wieder. Doch bei Investoren, Aktionären und Kunden steht VW schlecht da.

VW habe seinen Aktionären bereits viele schlaflose Nächte bereitet, schimpfte Deka-Fondsmanag­er Andreas Thomae in der Hauptversa­mmlung in Hannover. „Und es sieht nicht so aus, dass wir bald zur Ruhe kommen.“Thomae verwies auf die Durchsuchu­ngen bei der VW-Tochter Audi und die Beschlagna­hme von Dokumenten der US-Anwaltskan­zlei Jones Day im März.

Die Konzernspi­tze wies Kritik an der Aufklärung des Abgasbetru­gs zurück und machte erneut klar, dass die Ermittlung­sergebniss­e nicht veröffentl­icht werden sollen. „ Um es klar zu sagen: Einen schriftlic­hen Abschlussb­ericht von Jones Day gibt es nicht und es wird ihn auch nicht geben“, tönte Aufsichtsr­atschef Hans Dieter Pötsch. Der Konzern sei aus rechtliche­n Gründen daran gehindert, dies zu veröffentl­ichen. Das lassen Investoren nicht gelten. „Dass die Ergebnisse immer noch unter Verschluss sind, lässt vermuten, dass sie VW nicht gefallen“, sagte Thomae. Der einflussre­iche Aktionärsb­erater Hermes EOS appelliert­e an die Konzernspi­tze, in Absprache mit der US-Justiz zumindest eine Zusam- menfassung der Ermittlung­sergebniss­e zu veröffentl­ichen. Nur so könne Vertrauen zurückgewo­nnen werden. Andernfall­s sei auch eine Beurteilun­g der Vorgangswe­ise der VW-Spitze nicht möglich. Hermes-Manager HansChrist­oph Hirt machte eine „fragwürdig­e Unternehme­nskultur“bei VW für Dieselgate verantwort­lich und verlangte eine unabhängig­e Prüfung. „Wir haben große Bedenken hinsichtli­ch der Zusammense­tzung und der Effektivit­ät des Aufsichtsr­ats.“

Konzernche­f Müller hielt dem entgegen, die wesentlich­en Erkenntnis­se aus Sicht der US-Behörden lägen seit Veröffentl­ichung des „Statement of Facts“durch das amerikanis­che Justizmini­sterium auf dem Tisch.

Die VW-Aktionäre dankten es dem Konzernvor­stand, sie stimmten mit deutlicher Mehrheit für seine Entlastung für das Geschäftsj­ahr 2016. Müller bekam mit 99,05 Prozent der Stimmen gar einen Vertrauens­beweis – ungeachtet neuer Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Stuttgart gegen Müller, Pötsch und Ex-VWChef Martin Winterkorn. Es geht um Verdacht auf Marktmanip­ulation, ob VW die Anleger früh genug über Dieselgate informiert­e.

In den USA steht unterdesse­n der nächste Vergleich bevor: Ein Bundesrich­ter in San Francisco prüfte den Vergleich für die Besitzer von 80.000 Dieselwage­n mit Drei-Liter-Motoren. Sie sollen bis zu 1,2 Milliarden Dollar (1,1 Mrd. Euro) bekommen. (Reuters)

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