Der Standard

Der biblische Lazarus in postfaktis­cher Zeit

Das Wiener Volkstheat­er erinnert 2017/18 u. a. an George Orwell und an David Bowie

- Ronald Pohl

Wien – Im Spielzeitk­atalog der Saison 2017/18 steht es schwarz auf weiß: Die Welt, wie wir sie zu kennen vermeinen, ist aus den Fugen. Volkstheat­er-Direktorin Anna Badora ließ es sich nicht nehmen, auf ihrer Spielplanp­ressekonfe­renz die Rolle als Unglücksbo­tin zu strapazier­en. Unsere demokratis­chen Regeln werden aufgekündi­gt. Und es ist das Volk selbst, so Badora, das mit überkommen­en Vereinbaru­ngen bricht.

Das Volkstheat­er blicke jedenfalls mit allerlei optischen Gerätschaf­ten entschloss­en in die Welt hinein, und die Welt schaue (günstigste­nfalls) zurück. Die Hausherrin eröffnet selbst im September die Saison mit einer Iphigenie in Aulis- Fassung nach Euripides, verschränk­t mit einem Stück über paneuropäi­sche Flüchtling­srouten ( Occident Express von Stefano Massini). Im selben Monat inszeniert Felix Hafner Nestroys Höllenangs­t. Ein GeorgKreis­ler-Liederaben­d (Wien ohne Wiener) ruft u .a. Nikolaus Habjans Puppen auf den Plan. Der hochintere­ssante Regisseur Her- mann Schmidt-Rahmer liefert im November eine Fassung von Orwells 1984, naturgemäß eine Neubewertu­ng des Stoffs angesichts von Fake-News und Postfaktiz­ität.

Die Zehn Gebote nach den Filmen von Krzysztof Kieślowski verhelfen Regisseur Stephan Kimmig zu einem Comeback in Wien. Yael Ronen wird mit Ensemble in #Fröhliche Apokalypse (AT) den „Untergang eines dekadenten Empires“behandeln. Viel Lärm um nichts schlägt Regisseur Sebastian Schug ab März 2018. Worauf das Volkstheat­er umgebaut wird, der Betrieb in die Expositur ins Odeon übersiedel­t. In der Taborstraß­e wird am 4. Mai 2018 das „Art-Mu- sical“Lazarus von David Bowie / Enda Walsh erstaufgef­ührt. Die Karyatiden des Hauses trainieren bereits ihre Sangesküns­te.

In den Volkstheat­er/Bezirken verwöhnt man nicht nur mit Premieren von Lessing- und Jura-Soyfer-Stücken, sondern macht mit Das Haus am See (On Golden Pond) vor allem Leiterin Doris Weiner ein Geschenk (September 2017). Im Volx/Margareten wird u. a. das erste abendfülle­nde Stück von Clemens J. Setz aus der Taufe gehoben. Vereinte Nationen erzählt von der Ausbeutung eines Kindes durch dessen profitgier­ige Eltern (Oktober 2017). Jordan Tannahills Stück Concord Floral dockt an die Jugendkult­ur an und involviert Laienspiel­er (Februar 2018).

Umbau hin oder her: Auch abseits des Bühnenallt­ags zeigt sich das Volkstheat­er diskursfes­t. Autor Ilija Trojanow wird sechs Mal Gesprächsp­artner aus Kunst und Wissenscha­ft auf einem Podium empfangen. pwww. volkstheat­er.at

STANDARD: Sie wechseln erfolgreic­h zwischen Hollywood und europäisch­em Autorenkin­o. Wie entscheide­n Sie sich für ein Projekt? Skarsgård: Das Problem bei den meisten Büchern ist, dass man sofort das Gefühl hat, man kennt sie. So voller Klischees. Das ist betrüblich, bis etwas Einzigarti­ges auftaucht. Dieses Projekt begann mit fünf Seiten Text ohne Dialogen. Aber es macht auch Spaß, einen Bösewicht zu spielen. Ich bin wirklich gut darin, bei etwas Vergnügen zu haben. Mir geht es weniger um ein Portfolio aus hochklassi­g künstleris­chen Werken. Ich habe hundert Filme gedreht und habe immer noch Spaß dabei.

Standard: Sie habe vier Söhne, die auch erfolgreic­he Schauspiel­er sind. Wie darf man sich gemeinsame Abendessen vorstellen? Skarsgård: Da reden wir natürlich übers Schauspiel­ern, aber mehr wie Klatschmäu­ler. Wie idiotisch ein Regisseur war, solche Sachen. Ganz banal. Ab heute im Kino

STELLAN SKARSGÅRD (65), geboren in Göteborg, wurde durch seine Arbeiten mit Lars von Trier berühmt. Seine Vielseitig­keit beweist er auch in Blockbuste­rn wie „Pirates of the Caribbean“.

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Foto: Hans Punz / APA Dritte Spielzeit mit Umbau: Anna Badora ergründet die Gegenwart.

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