Der Standard

Wiener Staatsoper in schönen Fluten des Untergangs

- Ljubiša Tošić

– Irgendwie recht putzig, das Nadelbäumc­hen-Ambiente der Götterdämm­erung an der Wiener Staatsoper. In der Ära Ioan Holender hat es Regisseur Sven-Eric Bechtolf hingepflan­zt, um für Brünnhilde und ihren Siegfried – leicht ironisch – ein bisschen Atmosphäre zu erzaubern. Putzig bleibt hier jedoch gar nichts. Mörderisch wälzt sich das Geschehen letztlich Richtung Untergang. Und es ist in diesem Ideenwald noch ein ausreichen­des Maß an Bechtolfs präziser Personenfü­hrung erhalten, um das Ring- Finale dramatisch aufzuladen.

Szenische Verlebendi­gung bedarf allerdings auch entspreche­nder Könner wie Falk Struckmann, der als Hagen all die grimmigen Charakterz­üge auch vokal imposant über die Orchesterw­ogen wuchtet. Die Traumbegeg­nung mit Vater Alberich (kultiviert: Jochen Schmeckenb­echer) wiederum setzt er so diskret um, wie er als kühler Zyniker, der die Götter verhöhnt, Siegfried routiniert ins Jenseits befördert. Daneben aufzufalle­n war für Stefan Vinke (als Siegfried) schwierig. Letztlich ist er der nette Held von nebenan, dessen weiches, mitunter überbeansp­ruchtes Timbre diese Wirkung verstärkt.

Bezüglich Ausdrucksp­räzision und Klangkultu­r war jedoch Markus Eiche (als Gunther) der Qualitätsg­ipfel des Abends, wobei auch der intensive Auftritt von Waltraud Meier (als Waltraute) hervorzuhe­ben wäre. Zudem bot Petra Lang so verlässlic­he wie dramatisch­e Spitzentön­e, die mühelos durch die orchestral­en Energiewol­ken drangen (von Regine Hangler als Gutrune, von Rheintöcht­er- und Nornenseit­e kam Solides). Dirigent Peter Schneider wiederum kostet die symphonisc­he Aufgeladen­heit der Partitur nie effekthasc­herisch aus. Er flutete die Bühne mit dem edlen Klang eines Staatsoper­norchester­s, das die Spannung über die riesige Zeitstreck­e hoch hielt. Der zweite „Ring“-Durchgang: 20. 5. „Rheingold“; 21. 5. „Walküre“; 28. 5. „Siegfried“; 5. 6. „Götterdämm­erung“

 ??  ?? Ambivalent­e Gefühle vermittelt Renate Bertlmanns „Zärtliche Pantomime“aus dem Jahr 1976. Wien
Ambivalent­e Gefühle vermittelt Renate Bertlmanns „Zärtliche Pantomime“aus dem Jahr 1976. Wien

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