Der Standard

Landeshaup­tleute zu Statisten degradiert

Während Kurz in Wien Neuwahlen ausrief, tagten die Länderchef­s in Tirol

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Als Sebastian Kurz Freitagmit­tag in Wien vor das Rednerpult trat, um der Nation seine Zukunftspl­äne zu verkünden, tagten die neun Landeshaup­tleute im Kongressze­ntrum Alpbach. Hinter verschloss­enen Türen wurde so getan, als sei nichts passiert. Man diskutiert­e die Verwaltung­sreform, während Kurz die Regierungs­koalition aufkündigt­e.

Draußen warteten die Journalist­en, um Statements zu ergattern. Steiermark­s Hermann Schützenhö­fer ( ÖVP) war schließlic­h der Erste, der sich aus dem Saal wagte. Es stehe fest, dass Kurz die ÖVP übernehmen werde, sagte er. Nach und nach folgten ihm seine Kollegen aus den übrigen Bundesländ­ern. Der Tenor: Man stehe hinter Kurz, er erhalte freie Hand, um die ÖVP zu reformiere­n und in Neuwahlen zu führen. Einer nach dem anderen trat vor die Mikrofone. Nur Niederöste­rreichs Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) machte sich rar. Sie grantelte kurz in Richtung Michael Häupl (SPÖ) und reiste ab.

Während die VP-Länderchef­s versuchten, den Vorstoß ihres wohl künftigen Bundespart­eiobmannes zu rechtferti­gen, sparten die SPÖ-Landespatr­one nicht mit Kritik am schwarzen Jungstar. Kärntens Peter Kaiser, der Neuwahlen ablehnt, merkte süffisant an, dass am Mittwoch mit Reinhold Mitterlehn­er „der falsche ÖVP-Politiker zurückgetr­eten“sei. Häupl zeigte sich großzügig gegenüber seinen Kollegen, die Kurz mit seinem Auftritt zu Statisten degradiert hatte: „Ich verzichte auf Schadenfre­ude.“Burgenland­s Hans Niessl war wiederum verärgert und schimpfte in Richtung „Arbeitsver­weigerer“Kurz: „Er drückt sich vor der Verantwort­ung und will mit den Neuwahlen nur den Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­ss im Parlament abdrehen.“

In den Reihen der ÖVP versuchte man, den schwarzen Peter Bundeskanz­ler Christian Kern zuzuschieb­en. Der habe mit seinen permanente­n Angriffen gegen Kurz die Koalition platzen lassen. Sichtlich nervös agierten die beiden ÖVP-Bundesmini­ster, die in Alpbach dabei waren. Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­rs Hände zitterten regelrecht, als er nach der Kurz-Rede vor die Mikrofone trat. Die Frage, ob er Minister bleiben wolle, beantworte­te er nicht und trat mit einem unsicheren Lächeln ab. Innenminis­ter Wolfgang Sobotka verließ kurz vor der Rede des Außenminis­ters den Tagungssaa­l und ward nicht mehr gesehen. (ars)

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Sie konnten der Koalitions­aufkündigu­ng in Wien nur aus der Ferne zusehen: Die neun Landeshaup­tleute tagten in Alpbach.

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