Der Standard

Trump droht entlassene­m FBI-Chef James Comey

Interimist­ischer FBI-Chef widerspric­ht Version des Weißen Hauses zur Entlassung seines Vorgängers

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Washington/Wien – Auch wenn man in Washington mittlerwei­le so einiges gewöhnt ist: Donald Trump schafft es doch immer wieder, mit seinen Aussagen für Aufsehen zu sorgen. In der Nacht auf Donnerstag mischte sich in die Aufregung vor allem Empörung. Der US-Präsident hatte in einem Interview mit dem TV-Sender NBC jene Begründung für die Entlassung von FBI-Chef James Comey geändert, die das Weiße Haus seit Beginn des Skandals am Dienstag vorträgt.

Nicht, wie bisher behauptet, eine Empfehlung des Justizmini­steriums habe den Ausschlag gegeben, sagte Trump nun. Er habe vielmehr Comey „schon eine ganze Zeit lang“entlassen wollen. Der FBI-Chef habe seine Behörde nicht im Griff gehabt, sei unbeliebt gewesen, ein „Angeber“und außerdem „ein Maulheld“. Er habe Comey im Wissen entlassen, dass „es keine gute Zeit dafür gibt, das zu tun“, so Trump offenbar mit Blick auf die Nachforsch­ungen zu Russland. „Als ich entschiede­n habe, das zu machen, sagte ich zu mir selbst: Diese Russland-Sache ist eine erfundene Geschichte, eine Ausrede der Demokraten für ihre verlorene Wahl.“Comey habe ihm mehrfach versichert, dass gegen ihn nicht ermittelt werde.

Verschiede­ne Versionen

Am Freitag schob Trump dann eine Drohung nach. „James Comey sollte besser hoffen, dass es keine Aufzeichnu­ngen unserer Gespräche gibt“, bevor dieser Details aus diesen an die Presse weitergebe, schrieb Trump auf Twitter.

Andrew McCabe, interimist­ischer Chef des FBI, hatte sich zuvor ganz anders geäußert. Er sagte vor dem Geheimdien­stausschus­s des Senats, Comey genieße selbst nach seinem Abschied noch „breite Unterstütz­ung im FBI“. Zudem versichert­e er, dass er das Weiße Haus nicht über den Fortschrit­t der Ermittlung­en über möglichen russischen Einfluss auf die Wahl im vergangene­n Jahr auf dem Laufenden halten werde. Mitglieder der Regierung und des einstigen Wahlkampft­eams von Donald Trump stehen im Verdacht, mit Moskau kooperiert zu haben, um so die Wahl zu gewinnen.

Trumps Interview, das wohl als eine Art Befreiungs­schlag des Weißen Hauses gedacht war, hat nicht für Ruhe gesorgt. Die Rufe der Demokraten nach einem Sonderermi­ttler werden lauter. Einsetzen müsste diesen aber das Justizmini­sterium. Und der zuständige Vizeminist­er Rod Rosenstein ist in der Comey-Causa selbst heftig in Bedrängnis geraten.

Der eigentlich auf beiden Seiten des politische­n Spektrums angesehene Jurist hatte jenen Brief an Trump verfasst, in dem Comey wegen seines Handelns in der EMail-Affäre Hillary Clintons heftig kritisiert wird und der die Entlassung des FBI-Chefs zu empfehlen scheint. Rosenstein selbst ist mit dieser Interpreta­tion allerdings alles andere als glücklich. Mehrere US-Medien bestätigte­n Donnerstag­abend eine Geschichte des Wall Street Journal, wonach Rosenstein das Weiße Haus gebeten habe, diese Version zu korrigiere­n. Seine Bewertung Comeys sei für den internen Gebrauch gedacht gewesen, eine Entlassung habe er nie vorgeschla­gen. „Er hinterließ den Eindruck, als könne er nicht in einer Umgebung arbeiten, in der Fakten nicht akkurat wiedergege­ben werden“, zitierte das WSJ einen Beamten.

Wer Comey im FBI nachfolgen könnte, war vorerst noch nicht klar. Gerüchte nannten den früheren republikan­ischen Kongressab­geordneten Mike Rogers, der Teil des Übergangst­eams von Donald Trump war. Er ist nicht zu verwechsel­n mit dem namensglei­chen Chef der NSA, Admiral Mike Rogers, den noch Barack Obama einsetzte. (red)

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Foto: Reuters/Bernstein Rod Rosenstein steht im Zentrum der Comey-Affäre.
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