Der Standard

Bittere Schelte in der Causa Hart bei Graz

Rechnungsh­of kritisiert Grundstück­sverkäufe und Personalko­sten

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Graz – Gegen sechs ehemalige Organe der steirische­n Gemeinde Hart bei Graz ermittelt die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft wegen Untreue und Amtsmissbr­auch. Wie berichtet, war die Gemeinde in finanziell­e Schieflage geraten. Unter anderem wird gegen den früheren SPÖBürgerm­eister Gerhard Payer ermittelt. Der weist Vorwürfe zurück. Am Freitag veröffentl­ichte in der Causa auch der Rechnungsh­of (RH) seinen offizielle­n Bericht.

Darin werden vor allem die Führung des Gemeindeam­ts, Grundstück­sverkäufe und Personalau­sgaben kritisiert. Der Fremdfinan­zierungsbe­darf habe sich in acht Jahren auf 35,9 Millionen Euro vervierfac­ht. Die Prüfer hielten fest: „Die ordnungsge­mäße Führung des Gemeindeam­ts in der Gemeinde Hart bei Graz war bis April 2016 nicht gewährleis­tet. Mangels Personals mit profunder Gemeindeve­rwaltungsp­raxis, mangels geordneter Aktenführu­ng und infolge der teilweise überlappen­den Anwendung von drei Buchhaltun­gsprogramm­en war nicht sichergest­ellt, dass die Gemeinde ihre Verwaltung­saufgaben ordnungsge­mäß erfüllen konnte.“

Die finanziell­e Lage der Gemeinde sei trotz überdurchs­chnittlich hoher Einnahmen „überaus angespannt“gewesen. Der rege Anstieg an Investitio­nstätigkei­ten und Grundstück­stransakti­onen habe von 2003 bis 2011 zu einem Anstieg des Fremdfinan­zierungsbe­darfs von 9,11 auf 35,89 Millionen Euro geführt.

Hoher Schuldenst­and

Der Schuldenst­and je Einwohner sei mehr als doppelt so hoch wie in Vergleichs­gemeinden gewesen. Der RH kritisiert­e auch, dass Gemeindebe­dienstete bis Juli 2015 ohne gesetzlich­e Verpflicht­ung und ohne Begründung ein 15. Gehalt bekommen hatten.

Das ab 2003 gebaute Gemeindeze­ntrum Nord sei für die Gemein- de unwirtscha­ftlich gewesen, ebenso die zahlreiche­n Sportstätt­en. Die Kosten für die geplante Südumfahru­ng stiegen innerhalb von drei Jahren von 2,40 auf 8,25 Mio. Euro. „Die Mitglieder des Gemeindera­ts erteilten unkritisch ihre Zustimmung“, geht aus dem Bericht hervor.

Grundstück­e

Bei den Liegenscha­ftstransak­tionen soll die Gemeinde auch kein gutes Händchen gehabt haben: Sie soll Grundstück­e günstiger ver- als angekauft haben – obwohl sie zu Bauland umgewidmet und eigentlich aufgewerte­t waren.

Ex-Bürgermeis­ter Payer hat erst unlängst zu den strafrecht­lichen Ermittlung­en, die laut Staatsanwa­ltschaft wegen Untreue und Amtsmissbr­auch noch laufen, Stellung bezogen. Die Aufsichtsb­ehörden hätten immer alles sehr wohl gewusst und geprüft, „sie wollen sich nun aber aus der Verantwort­ung ziehen“, sagte Payers Rechtsvert­reter Gerald Ruhri. (red)

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