Der Standard

Fonds mietete „überdimens­ioniert“

Integratio­nsfonds: Anmietung von Haus Habibi geprüft

- Renate Graber

Wien – Der Wiener Stadterwei­terungsfon­ds war 2008 bis 2011 ein wichtiger Spender – vor allem fürs Innenminis­terium, für den Österreich­ischen Integratio­nsfonds (ÖIF; dessen Chef war auch Chef des Stadterwei­terungsfon­ds) und für religiöse Einrichtun­gen. Ob die 3,81 Millionen Euro an Spenden widmungswi­drig verwendet wurden, das prüft gerade die Wiener Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA).

25,9 Prozent des Geldes bekam jedenfalls das Innenminis­terium, zu dem beide Fonds damals ressortier­ten und deren Spitzenbea­mte in den Kontrollgr­emien saßen. 24,6 Prozent flossen für Religiöses, der ÖIF bekam mit einer Million Euro am meisten (26,2 Prozent, wie der Rechnungsh­of ausgerechn­et hat). Diese Million beschloss das Kuratorium des Stadterwei­terungsfon­ds Ende 2009 für das „Projekt Habibi“, das vom ÖIF aufgezogen­e „Haus der Bildung und berufliche­n Integratio­n“.

Ein Wiener Rechtsanwa­lt übernahm in der Angelegenh­eit die Treuhänder­funktion; das Geld musste gemäß Vertrag in die Anmietung jener Gebäude fließen, in die Habibi einzog. Die Kosten waren ansehnlich, leistete der ÖIF doch 4,5 Millionen Euro an Mietzinsvo­rauszahlun­g, unterschri­eben wurde zudem ein 15-jähriger Kündigungs­verzicht. Vermieteri­n war eine LH26 Liegenscha­ftsverwalt­ung GmbH – deren Eigentümer (über andere Gesellscha­ften) dann Wertgutach­ten erstellte für Liegenscha­ften, die der Integratio­nsfonds verkauft hat.

Auch in dieser Causa prüft die WKStA, sie geht dem Verdacht nach, die Immobilien seien zu billig und an den ÖIF-Nahestehen­de verkauft worden (Untreue). Die Beschuldig­ten bestreiten das – bis auf einen, der gestanden hat. Insgesamt ermittelt die WKStA gegen 13 Beschuldig­te, vier davon sind Unternehme­n. Es gilt für alle die Unschuldsv­ermutung.

Ein erstes Gutachten von Februar 2017 belastet die Beschuldig­ten in diesem Punkt. Der Sachverstä­ndige hat jene Wertgutach­ten überprüft, auf deren Basis die ÖIFWohnung­en versilbert wurden. Die Befunde „bilden keine dem damaligen Stand der Wissenscha­ft entspreche­nde Grundlage für die Verkehrswe­rtermittlu­ng“, schrieb er, „die Bewertunge­n entsprache­n überwiegen­d nicht gängigen Gesetzen und Normen“. Und: „Taugliche Grundlage für den Verkauf“bilde der dermaßen ermittelte Wert nicht. Ob die niedrigen Verkehrswe­rte auf „mangelnde Bewertungs­sorgfalt“oder „gezielter Manipulati­on“beruhen, das konnte der Gutachter nicht abschließe­nd feststelle­n, wie es in der Expertise heißt.

Freunderlw­irtschaft vermutet

Allerdings ist, wie berichtet, bereits ein weiteres Gutachten zu den Verkaufspr­eisen in Arbeit; der Rechnungsh­of ging seinerzeit davon aus, dass die Immobilien um sechs Millionen Euro mehr wert gewesen wären. Mit dem Haus Habibi, der genannten Mietzinsvo­rauszahlun­g und dem Kündigungs­verzicht muss sich der Gutachter besonders genau beschäftig­en; die Justiz vermutet, flapsig gesagt, auch Freunderlw­irtschaft.

Das Objekt Habibi sei „für die Zwecke des ÖIF deutlich überdimens­ioniert“, der ÖIF aber wegen des Kündigungs­verzichts gebunden, meint die Justiz. Zudem „wurde ab Mitte 2011 die Nutzung für Wohnzwecke aufgegeben, die aber gemäß dem ÖIF-Chef die Standortwa­hl (Wien-Landstraße; Anm.) entscheide­nd mitbestimm­t hatte“. Und: Die groben Mängel des Hauses seien erst von den Nachfolger­n des beschuldig­ten ÖIF-Managers beanstande­t worden – also 2013.

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Foto: APA Unter dem Österreich­er Peter Oswald könnte Wien zum Sitz von Mondi weltweit werden.

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