Neuwahlszenario: Wrabetz verschiebt Reform für TV-Info
Redakteure klagen über politischen Druck auf ORF
Wien – Der Rücktritt von Reinhold Mitterlehner als Vizekanzler und ÖVP-Obmann und die Ankündigung von Außenminister und möglicherweise bald ÖVP-Chef Sebastian Kurz, in Neuwahlen gehen zu wollen, hat auch Auswirkungen auf den ORF: Die Neustrukturierung der Fernsehinformation ist vorerst vom Tisch. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat am Freitag im Redakteursausschuss angekündigt, das Projekt zu verschieben, geht aus einer Aussendung der Redakteurssprecher hervor. Die Channel-Manager für ORF 1 und ORF 2 sollen aber nächste Woche ausgeschrieben werden, kündigte Wrabetz laut Sitzungsteilnehmern an.
Die Redakteursversammlung begrüßte die Verschiebung. Schon bisher hatte sie Kritik an den vorgelegten Varianten für eine neue Struktur geübt. Nun, angesichts wahrscheinlicher Neuwahlen „und der damit verbundenen redaktionellen Herausforderungen“, sei „eine gleichzeitige Umstrukturierung nicht zu machen, ohne dabei die journalistische Qualität der Wahlberichterstattung zu gefährden“.
Gefahr für Unabhängigkeit
Überhaupt seien die bisher bekannt gewordenen Pläne offenbar eine geplante „Lex ZiB“, denn es gehe ausschließlich um die Strukturen der Informationsredaktion im Fernsehen. Das lässt bei den Redakteuren die Alarmglocken schrillen, warnen sie doch in einer am Freitag beschlossenen Resolution vor einer Gefahr für ihre Unabhängigkeit: „Wir stellen fest, dass der Druck aus der Politik deutlich zunimmt.“Kritik von Politikern an der Berichterstattung komme „öffentlich und in dichter Frequenz“, „bis hin zur pauschalen Verurteilung ganzer Redaktionen und zu Angriffen gegen einzelne Personen“.
Die Redakteurssprecher hegen den Verdacht, „dass auf diesem Weg Druck auf die ORF-Geschäftsführung ausgeübt werden soll“. Dass zuletzt ein ORF-Volksbegehren ventiliert wurde, beunruhigt die ORF-Journalisten. Es „droht ein Rückschritt in die finstere Zeit des Proporzfunks der 60er-Jahre“, befürchten sie. (APA, red)