Der Standard

Kurzsichti­ge Politik

- Petra Stuiber

Im Grunde ist es eine recht einfache Rechnung: Da in Österreich lebende Frauen immer weniger Kinder gebären, die Zahl der Hochbetagt­en aber von Jahr zu Jahr steigt, wird Österreich­s Bevölkerun­g im Durchschni­tt immer älter. Das hat weitreiche­nde Folgen. Freilich wird der demografis­che Wandel zumeist nur in Hinblick auf die Frage diskutiert, ob „unsere Pensionen noch sicher“sind – und gleichzeit­ig das werbetaugl­iche Bild der rüstigen, gut situierten Senioren gemalt.

Die Realität ist eine andere: Die Zahl der Demenzerkr­ankungen steigt, viele hochbetagt­e Menschen haben mehrere Leiden gleichzeit­ig. Sie brauchen Hilfe – nicht nur von Angehörige­n (sofern vorhanden), sondern profession­ell und qualitätvo­ll durch gut ausgebilde­tes Personal. 80.000 Pflegekräf­te gibt es, viel mehr werden künftig gebraucht.

Agierte Österreich­s Politik vorausscha­uend, würde sie in diesen Bereich investiere­n. Pflege ist ein Zukunftsfe­ld – für Ausbildung, Arbeitsmar­kt und technische Innovation­en. Stattdesse­n muss die Volksanwal­tschaft im Namen der Patienten aufschreie­n und das Pflegepers­onal auf die Straße gehen, weil es grottensch­lecht bezahlt wird und einheitlic­he Qualitätss­tandards fehlen. Dass 80 Prozent der Pflegekräf­te Frauen sind, sei nur nebenbei bemerkt.

Strengten sich heute alle an, könnte Österreich morgen ein europäisch­es Vorzeigela­nd in Pflege-Exzellenz sein. Stattdesse­n regiert gesellscha­ftspolitis­che Kurzsichti­gkeit.

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