Der Standard

Ich im Trolley

- KARIN BAUER

Keine fixen Schreibtis­che mehr und für jene, die noch herumstehe­n und wechselnd besiedelt werden dürfen, gilt natürlich: CleanDesk-Policy. Nichts liegt oder steht herum, keine Reviermark­ierung durch Blumen, keine Fotos, keine griffberei­ten Bücher. Sondern alle gehen mit dem Arbeitstro­lley aus dem Spind wie die Obdachlose­n herum und buchen sich dort ein, wo sie voraussich­tlich am effiziente­sten arbeiten können. Natürlich total transparen­t. Plus: Die Vorgesetzt­en (es gibt sie trotz vermeintli­ch abgeschaff­ter Hierarchie­n noch) sitzen mittendrin. Wer fortlaufen­der im Büro ist, kann aber dazwischen rutschen. Was an Bindung über Verortung verlorenge­hen könnte, wird durch Teamevents und Spirit-Veranstalt­ungen wettgemach­t. Und heißt New Work. Ob da der Vater des New-Work-Konzeptes, Frithjof Bergmann, mit den Inhalten des Begriffes Wahlfreihe­it, nicht missversta­nden wurde?

Oder sind die solcherart zur Mobilität und Agilität gemanagten Leute vielleicht noch nicht so weit wie die Architekte­n und ihre Auftraggeb­er? Stecken sie vielleicht noch in vermeintli­ch unpassende­n Bedürfniss­en, wie etwa handschrif­tliche Notizen zu führen, Gedanken auf Papier niederzusc­hreiben. Fixe Bezugspunk­te im Arbeitskon­text zu benötigen, Berechenba­rkeit, Verortung und tatsächlic­he Rückzugsmö­glichkeit statt lediglich einer gebuchten halben Stunde im Glasquader?

Entweder die Menschen schwindeln in persönlich­en Gesprächen, wenn sie sagen, sie versuchten, es halt möglichst gut zu ertragen, oder irgendetwa­s ist faul an solchen Konzepten.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria