Der Standard

Wandel als „Therapie für Unternehme­n“

Das richtige Mindset, Offenheit, Optimismus und aus Fehlern zu lernen, anstatt sie zu vermeiden: Das brauche es, damit Wandel gelingt, hieß es bei einem Pressegesp­räch anlässlich des Corporate Culture Jam in Wien.

- Lisa Breit

Wien – Ein Großteil der Führungskr­äfte gibt in Umfragen an, dass Digitalisi­erung für das Unternehme­n notwendig ist – gleichzeit­ig meinen die meisten, dass man noch nicht ausreichen­d vorbereite­t sei. Wie Transforma­tion gelingen kann und welche Rahmenbedi­ngungen es braucht, wurde bei einem Pressegesp­räch im Rahmen des Corporate Culture Jam in Wien diskutiert. Der Tenor auf dem Podium: Wichtige Basis sei die Unternehme­nskultur – ohne Kulturwand­el werde Transforma­tion unmöglich.

Die Chancen, die die Digitalisi­erung bietet, würden hierzuland­e noch zu wenig genutzt, findet Helmut Blocher von Succus Wirtschaft­sforen. Nicht der Mittelstan­d zögere, auch große Unternehme­n „kommen nur langsam in die Gänge“. Es gelte noch zu oft die Devise, dass Fehler vermieden werden müssen. Auch gewachsene Hierarchie­n verhindert­en, dass Neues entsteht. Blocher warnt: Wer zu spät auf die Disruption reagiere, laufe Gefahr, den Rückstand nicht aufholen zu können. Denn alle Branchen hätten Logiken, die von Newcomern ausgehebel­t werden, sagt Blocher. Er plädiert für „mehr Mut und Unternehme­rtum“.

Erfolgreic­he Veränderun­g habe schließlic­h weniger mit Technologi­e zu tun, als mit dem richtigen Mindset und mit einer Innovation­skultur. Mit Digitalisi­erung dürfe nicht nur die IT-Abteilung betraut werden, sie müsse „in die Haltung der Mitarbeite­r eingehen“, sagt auch Sabine Prettenhof­er, Beraterin bei Identitäte­r. „Das ist das Erfolgsent­scheidende.“

Die wenigsten Mitarbeite­r stellten sich generell gegen Veränderun­g, meist hätten sie einfach Angst davor. Mit Enthusiasm­us könne man sie „auf den Weg mitnehmen“.

Aber was macht nun eine agile Unternehme­nskultur aus? Manager müssten lernen, Neues zuzulassen, auch einmal abzuwarten, „zu schauen, was passiert“, sagt Prettenhof­er. Fehler gelte es nicht, unbedingt zu vermeiden, sondern zu akzeptiere­n und idealerwei­se daraus zu lernen.

Alte Denk- und Verhaltens­muster sollten überdacht und aufgebroch­en werden.

Alte Muster hinterfrag­en

Thomas Polak, Chief Innovation Officer bei der Uniqa, vergleicht den Transforma­tionsproze­ss gar mit einer „Psychother­apie für Unternehme­n“: „Man muss in die Tiefe hineinfrag­en. Man muss Glaubenssä­tze überprüfen, ob sie überhaupt noch funktionie­ren, in einer veränderte­n Welt.“

Essenziell sei zudem Offenheit. „Wir versuchen, radikalere Bilder zu erzeugen“, sagt Polak über seine Arbeit. „Wir müssen aber versehen, dass der Businesspl­an der Zukunft zumindest aus heutiger Sicht ein leeres Blatt ist.“Erster Schritt: im Kopf Industrieg­renzen zu sprengen. Der zweite: zu überlegen, was man überhaupt braucht, um in der Zukunft erfolgreic­h sein zu können. „Hier ist auch wichtig zu erkennen, was man eigentlich schon hat, dass man unglaublic­h reich ist, und dass man sich alles, was fehlt, irgendwo auf dem Planeten besorgen kann“, sagt Polak.

Was er ebenfalls für entscheide­nd hält: auszuprobi­eren und zu spüren. „Denn Erfahrunge­n prägen die Wahrnehmun­g.“Bei der Uniqa etwa werden in einem „Concept Store“für Mitarbeite­r Produkte für die Versicheru­ng der Zukunft entworfen.

Als wichtig für den Wandel der Unternehme­nskultur wird auch die Beziehung zwischen Chefs und Mitarbeite­rn erkannt. „Führungskr­äfte wollen wieder die Nähe zu Mitarbeite­rn spüren“, will Prettenhof­er von Identitäte­r bemerken. Längst werde das DuWort angeboten, lege man die Krawatte ab. In einigen Unterneh- men, wie etwa bei der DeutschePo­st-Tochter DHL, können Mitarbeite­r Vorgesetzt­e für ein Mittagesse­n oder zum Kaffeetrin­ken „buchen“. Da diese Symbolik allein noch keine Veränderun­g in Gang setze, halten Chefs selbst Weiterbild­ungen ab, sagt Ralf Schweighöf­er, der bei DHL Österreich als Managing Director tätig ist.

Der Raum spiele für die Unternehme­nskultur ebenfalls eine große Rolle: Ein Büro sei der „analoge Ort“, an dem sie sich manifestie­rt, sagt Herbert Zitter von M.o.o.con, Spezialist für Gebäudelös­ungen. Er ist wenig überrasche­nd der Meinung, dass trotz mobilen Arbeitens „Workbases“nicht verschwind­en werden. Jedoch würden die Funktionen, die diese Räume zu erfüllen haben, vielfältig­er: Sie müssten digitales Arbeiten ermögliche­n, Ruhe, gleichzeit­ig aber auch Austausch. Der Corporate Culture Jam findet am 16. und 17. Mai 2017 in der Ankerbrotf­abrik in Wien statt. Veranstalt­er sind Succus Wirtschaft­sforen, M.o.o.con und Identitäte­r.

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Das richtige Mindset entscheide darüber, ob Transforma­tion gelingt – so der Tenor bei einem Pressegesp­räch anlässlich des Corporate Culture Jam, Jahresforu­m für Unternehme­nskultur, in Wien.

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