Wandel als „Therapie für Unternehmen“
Das richtige Mindset, Offenheit, Optimismus und aus Fehlern zu lernen, anstatt sie zu vermeiden: Das brauche es, damit Wandel gelingt, hieß es bei einem Pressegespräch anlässlich des Corporate Culture Jam in Wien.
Wien – Ein Großteil der Führungskräfte gibt in Umfragen an, dass Digitalisierung für das Unternehmen notwendig ist – gleichzeitig meinen die meisten, dass man noch nicht ausreichend vorbereitet sei. Wie Transformation gelingen kann und welche Rahmenbedingungen es braucht, wurde bei einem Pressegespräch im Rahmen des Corporate Culture Jam in Wien diskutiert. Der Tenor auf dem Podium: Wichtige Basis sei die Unternehmenskultur – ohne Kulturwandel werde Transformation unmöglich.
Die Chancen, die die Digitalisierung bietet, würden hierzulande noch zu wenig genutzt, findet Helmut Blocher von Succus Wirtschaftsforen. Nicht der Mittelstand zögere, auch große Unternehmen „kommen nur langsam in die Gänge“. Es gelte noch zu oft die Devise, dass Fehler vermieden werden müssen. Auch gewachsene Hierarchien verhinderten, dass Neues entsteht. Blocher warnt: Wer zu spät auf die Disruption reagiere, laufe Gefahr, den Rückstand nicht aufholen zu können. Denn alle Branchen hätten Logiken, die von Newcomern ausgehebelt werden, sagt Blocher. Er plädiert für „mehr Mut und Unternehmertum“.
Erfolgreiche Veränderung habe schließlich weniger mit Technologie zu tun, als mit dem richtigen Mindset und mit einer Innovationskultur. Mit Digitalisierung dürfe nicht nur die IT-Abteilung betraut werden, sie müsse „in die Haltung der Mitarbeiter eingehen“, sagt auch Sabine Prettenhofer, Beraterin bei Identitäter. „Das ist das Erfolgsentscheidende.“
Die wenigsten Mitarbeiter stellten sich generell gegen Veränderung, meist hätten sie einfach Angst davor. Mit Enthusiasmus könne man sie „auf den Weg mitnehmen“.
Aber was macht nun eine agile Unternehmenskultur aus? Manager müssten lernen, Neues zuzulassen, auch einmal abzuwarten, „zu schauen, was passiert“, sagt Prettenhofer. Fehler gelte es nicht, unbedingt zu vermeiden, sondern zu akzeptieren und idealerweise daraus zu lernen.
Alte Denk- und Verhaltensmuster sollten überdacht und aufgebrochen werden.
Alte Muster hinterfragen
Thomas Polak, Chief Innovation Officer bei der Uniqa, vergleicht den Transformationsprozess gar mit einer „Psychotherapie für Unternehmen“: „Man muss in die Tiefe hineinfragen. Man muss Glaubenssätze überprüfen, ob sie überhaupt noch funktionieren, in einer veränderten Welt.“
Essenziell sei zudem Offenheit. „Wir versuchen, radikalere Bilder zu erzeugen“, sagt Polak über seine Arbeit. „Wir müssen aber versehen, dass der Businessplan der Zukunft zumindest aus heutiger Sicht ein leeres Blatt ist.“Erster Schritt: im Kopf Industriegrenzen zu sprengen. Der zweite: zu überlegen, was man überhaupt braucht, um in der Zukunft erfolgreich sein zu können. „Hier ist auch wichtig zu erkennen, was man eigentlich schon hat, dass man unglaublich reich ist, und dass man sich alles, was fehlt, irgendwo auf dem Planeten besorgen kann“, sagt Polak.
Was er ebenfalls für entscheidend hält: auszuprobieren und zu spüren. „Denn Erfahrungen prägen die Wahrnehmung.“Bei der Uniqa etwa werden in einem „Concept Store“für Mitarbeiter Produkte für die Versicherung der Zukunft entworfen.
Als wichtig für den Wandel der Unternehmenskultur wird auch die Beziehung zwischen Chefs und Mitarbeitern erkannt. „Führungskräfte wollen wieder die Nähe zu Mitarbeitern spüren“, will Prettenhofer von Identitäter bemerken. Längst werde das DuWort angeboten, lege man die Krawatte ab. In einigen Unterneh- men, wie etwa bei der DeutschePost-Tochter DHL, können Mitarbeiter Vorgesetzte für ein Mittagessen oder zum Kaffeetrinken „buchen“. Da diese Symbolik allein noch keine Veränderung in Gang setze, halten Chefs selbst Weiterbildungen ab, sagt Ralf Schweighöfer, der bei DHL Österreich als Managing Director tätig ist.
Der Raum spiele für die Unternehmenskultur ebenfalls eine große Rolle: Ein Büro sei der „analoge Ort“, an dem sie sich manifestiert, sagt Herbert Zitter von M.o.o.con, Spezialist für Gebäudelösungen. Er ist wenig überraschend der Meinung, dass trotz mobilen Arbeitens „Workbases“nicht verschwinden werden. Jedoch würden die Funktionen, die diese Räume zu erfüllen haben, vielfältiger: Sie müssten digitales Arbeiten ermöglichen, Ruhe, gleichzeitig aber auch Austausch. Der Corporate Culture Jam findet am 16. und 17. Mai 2017 in der Ankerbrotfabrik in Wien statt. Veranstalter sind Succus Wirtschaftsforen, M.o.o.con und Identitäter.