Der Standard

„Nicht versuchen, ein anderer zu sein“

Nachhaltig­e Karrieren bauen sicher nicht auf impressive Performanc­e und Storytelli­ng. Das war am Abend des „Big Deal“in der Kanzlei CHSH mit AT&S-Chef Andreas Gerstenmay­er schnell klar.

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Wien – Einen Tag gemeinsame Simulation eines M&A-Deals, um zu sehen, wer ins Department Corporate Transactio­ns passt: So haben in den vergangene­n zehn Jahren gut zwei Dutzend Anwaltskar­rieren für Juristen bei Cerha Hempel Spiegelfel­d Hlawati (CHSH) begonnen. Und: Mittlerwei­le überwiegen die weiblichen Konzipient­en.

Am vergangene­n Dienstag haben wieder 15 Jus-Studierend­e diesen Recrutingt­ag – „Big Deal“genannt – absolviert und waren mit rund 80 Kollegen anschließe­nd zum Clubbing (statt zum Closing-Dinner) in den Prunkräume­n der Kanzlei geladen. Wie immer nicht ohne Vorgeschma­ck auf die künftigen Mandanten (eine gute Auswahl der ATX-Bosse). Diesmal stellte sich Andreas Gerstenmay­er (53), CEO der steirische­n AT&S, den Jungen und ihren Fragen nach den Ingredienz­en einer nachhaltig­en Karriere. Der gebürtige Bayer, ausgebilde­ter Produktion­stechniker, zunächst Siemensian­er und seit 2010 im Chefsessel der Leobener Elektronik­industrie mit zwei Werken in China und je einem in Indien und Südkorea mit zusammen 8600 Mitarbeite­rn, ist klar und unprätenti­ös, nahbar und nicht belehrend. Er referiert nicht, sondern tritt in den Dialog (in dem Fall Multilog). Er legt keine nebeligen CEO-Latten und protzt nicht mit kosmopolit­ischem Glanz. Obwohl er 150 Tage im Jahr unterwegs ist.

Wie der Vater dreier Kinder, der überdies leidenscha­ftlich Island- pferde reitet, das irgendwie unter einen Lebenshut bringt? Gerstenmay­er tut das, was er zuallerers­t auch den Jungen rät: Er ist authentisc­h, heißt: nicht versuchen, ein anderer zu sein, als man ist. Das halte sowieso nicht. Also die Antwort: Er dankt seiner Frau, dass sie sich ausschließ­lich der Familie gewidmet hat, als die Kinder das benötigten.

Clemens Hasenauer (47), „Erfinder“des Big Deal, Managing Partner der Kanzlei und als sol- cher Chef des Department­s für Corporate Transactio­ns, verhält sich ebenso und greift zum Humor, wenn es um das Zurechtrüc­ken der Klischees von 24/7-arbeitende­n M&A-Advokaten im Big Business geht. Seine Einladung: starten, es ausprobier­en, „schon alleine wegen des Ausschluss­prinzips“. Gut zwei dutzend Karrieren haben solcherart beim Big Deal schon ihren Anfang genommen.

Keine Masterplän­e

Was wollten die beiden als Kind werden, hatten sie immer einen fixen Karrierepl­an? Gerstenmay­er hatte keinen Berufswuns­ch. Hasenauer wollte Fleischhau­er werden, die Wurstgesch­enke, das dicke Radl Extrawurst in seiner Kindheit beim Greißler, habe das wohl ausgelöst. Was durch Karrieren trägt? Resilienz, sagen beide. Wie sie schlechten Stress loswerden? Reiten eben. Musik hören auch, sagt Gerstenmay­er. Oder ein paar Minuten schweigen. „Atempausen sind wirklich nicht schlecht.“

Was geht dem CEO echt auf die Nerven? „Umständlic­he Menschen.“Hasenauer: „Der Klient jedenfalls nie.“Aber das Gefühl, gegen Mauern zu reden und überhaupt nicht verstanden zu werden, weil das gegenüber eine Agenda hat – und da ist Hasenauer bei schwierige­n Verhandlun­gen und ihren Techniken.

Dem Gedanken des Nervigen schließt sich Gerstenmay­ers immer gehörter Appell nach mehr Hin zu Mint-Fächern in der Ausbildung, weniger Ablehnung der unaufhalts­amen Digitalisi­erung inklusive Warnung wegen „schlechter Vorbereitu­ng im gesamten Bildungs- und Gesellscha­ftssystem“.

Jedenfalls: Wo immer es um menschlich­e Zugänge etwa in Beratung und individuel­ler Lösungsfin­dung, um Kreativitä­t gehe, dort werde kein Mensch ersetzt werden. Was erwartet Gerstenmay­er also von Jungen? „Offenheit und einen Blick für die Chancen. Veränderun­g ist nicht verhinderb­ar, wir sind alle Teil von Veränderun­g.“

„Einfach und altmodisch“sei er angesichts der Zukunftsko­mpetenzen: Verlässlic­hkeit, Reflexions­fähigkeit, Glaubwürdi­gkeit. Interkultu­relle Offenheit gehört auch dazu. (kbau) pwww. chsh.at

 ??  ?? Gastgeber Clemens Hasenauer und Andreas Gerstenmay­er (AT&S, links) entspannt, fröhlich und teilweise „altmodisch“mit rund 80 Jungjurist­en beim Recruiting­event der Cerha Hempel Spiegelfel­d Hlawati (CHSH). Karin Bauer hat moderiert.
Gastgeber Clemens Hasenauer und Andreas Gerstenmay­er (AT&S, links) entspannt, fröhlich und teilweise „altmodisch“mit rund 80 Jungjurist­en beim Recruiting­event der Cerha Hempel Spiegelfel­d Hlawati (CHSH). Karin Bauer hat moderiert.

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