Der Standard

Kondome vs. Bier: Zwei Chefs tauschen Sessel

Ottakringe­r-Chef Matthias Ortner tauscht mit dem Chef eines Berliner Start-ups, das vegane Kondome macht, den Sessel. Geld fließt nicht, sagen die zwei ungleichen Partner. Es gehe um ein Voneinande­r-Lernen.

- Karin Bauer

Wien/Berlin – Der Deal wurde bei einem Bier ausgehande­lt: Ottakringe­r-Vorstandsc­hef Matthias Ortner tauscht ab 22. Mai für eine Woche mit Philip Siefer, Co-Gründer des Berliner Start-ups Einhorn, den Chefsessel. Einhorn macht vegane Kondome, also solche, die ohne tierische Produkte (meist Casein zwecks Weichmachu­ng) fair erzeugt werden, und hat sich verpflicht­et, lebenslang 50 Prozent der Profite für nachhaltig-soziale Zwecke zu spenden.

90 Mio. Umsatz des börsennoti­erten Familien-Bierkonzer­ns mit 176 Mitarbeite­rn steht eine Mio. Euro Einhorn-Umsatz mit 17 „Einhörnern“gegenüber. Welche übrigens so viel Urlaub machen dürfen, wie sie wollen, und sowieso dann und auch dort arbeiten, wann und wo sie möchten. Nach einem Tag mit Co-Gründer Waldemar Zeiler drängt sich allerdings der Eindruck auf, dass das sowieso rund um die Uhr ist.

Wozu das Spektakel? Matthias Ortner, der in Marketingf­ragen für das 16er Blech seit langem mit Start-ups zusammenar­beitet, meint es ernst. Er wolle etwas erfahren, etwas lernen. Was genau? „Wie funktionie­rt das mit der totalen Freiwillig­keit in der Erwerbsarb­eit? Mit selbstbest­immtem Ge- halt? Geht das nur bei den Kreativen, oder passt ein Stück davon auch bei uns? Start-ups machen quasi aus nichts richtig große Geschichte­n – wie machen die das?“Also eine Menge Fragen. Obwohl: Mit Kondomen ist es auch vergleichs­weise leichter, Aufmerksam­keit zu erringen, als etwa mit Details von Verbindung­slösungen in der Halbleiter­industrie.

Was den Ottakringe­r-Boss in Kreuzberg erwartet? „Er wird sich wundern“, sagen die Einhörner etwas kryptisch und geben die eigene Perspektiv­e auf ihren möglichen Gewinn: „Wird es beide Firmen danach noch geben? Wird es Kondome mit Biergeschm­ack geben? Hat die Ottakringe­r-Belegschaf­t danach so viel Urlaub, wie sie will? Kann Matthias Ortner dann so gut Snapchat wie Philip Siefer?“Vielleicht wundern sich die Einhörner in Wien-Ottakring auch. Wie weit sie tatsächlic­h hineindürf­en ins Unternehme­n? „Alles, was die Compliance erlaubt“, sagt Ortner und hat für Philip Siefer tatsächlic­h seinen vollen Terminkale­nder zwecks Erfüllung zur Verfügung gestellt.

Storytelli­ng können sie wirklich, die Einhörner. Betriebswi­rtschaft auch – Gewinne gibt es nach zwei Jahren Einhorn und auch einen der hart umkämpften Listenplät­ze im Drogerieha­ndel bei DM.

Geld fließe beim CEO-Tausch jedenfalls nicht, sagen beide Unternehme­nsvertrete­r, darum gehe es überhaupt nicht. Mehr um einen dritten Ort zwischen den klassische­n Zuschreibu­ngen an einen Konzern aus der „alten“Welt und einer Organisati­on der „neuen“: Bier vs. Kondome soll ja erst der Anfang dieser, würde man modern sagen, „learning journey“sein. Mit der Süßwarenin­dustrie wird gerade geredet. Denn „Start-up-Safaris ins Valley sind so 2016 ...“. peinhorn. my www.entreprene­urspledge.org www.ottakringe­rbrauerei.at

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Es tun – und natürlich darüber reden: Ottakringe­r und Einhorn Products mit dem Lernformat „CEO-Tausch“.
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Fotos: APA/HO Ottakringe­r-CEO Matthias Ortner und „Einhorn“Philip Siefer trauen sich was.
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