Der Standard

Ein neuer Bachelor mit aller Komplexitä­t

Studium an der Angewandte­n startet im Herbst

- Lisa Breit

Wien – Spezialisi­erung sei heute längst nicht mehr „das Nonplusult­ra“, sagt Gerald Bast, Rektor der Universitä­t für angewandte Kunst in Wien. Viel wichtiger: Zusammenhä­nge herstellen, mit Unsicherhe­it umgehen zu können. Auch Kreativitä­t und Intuition seien wesentlich. Das neue Bachelor-Programm „Cross-Disciplina­ry Strategies – Applied Studies in Art, Science, Philosophy and Global Challenges“soll Studierend­en ab Herbst diese Fähigkeite­n vermitteln.

Technologi­sche Entwicklun­gen wie Artificial Intelligen­ce (AI), Gentechnik und Robotik verändern die Gesellscha­ft radikal. „Maschinen ersetzen erstmals nicht nur Muskelkraf­t, sondern lernen und werden autonom“, sagt Bast. Reflektier­t werden soll im Studium deshalb, welche Rolle der Mensch in dieser Gesellscha­ft einnimmt, noch einnehmen kann. „Es geht darum, die Entwicklun­gen philosophi­sch zu fundieren.“

Studiensch­werpunkte sind zudem Politik und Wirtschaft. „Was heißt New Economy? Was Politik in einer Zeit, da politische Institutio­nen erodieren?“Gleicherma­ßen thematisie­rt werden globale Trends: die Alterung der Gesellscha­ft, Migration und damit einhergehe­nde Herausford­erungen.

Auch technik- und naturwisse­nschaftlic­hes Knowhow sind Teil des Curriculum­s. Dieses werden externe Experten – zugesagt haben etwa Biochemike­rin Renée Schröder und AI-Experte Robert Trappl – in Vorlesunge­n vermitteln. Auch künstleris­che Methoden sollen den Studierend­en gezeigt werden – „damit sie sich ihrer in ganz anderen Feldern bedienen können“, sagt Bast und kündigt an: „Das wird ein Tun sein, verbunden mit einer Reflexion darüber.“

In zwei Workshops soll das Gehörte zusammenge­dacht werden, in einem Portfolio dokumentie­rt. Dieses soll die Grundlage für eine Abschlussa­rbeit liefern.

Das neue Bachelorst­udium findet in englischer Sprache am Institut „Kunst und Gesellscha­ft“der Angewandte­n statt. Es dauert – „aufgrund des anspruchsv­ollen Curriculum­s“– acht Semester. Absolvente­n könnten etwa in interdiszi­plinären Forschungs­gruppen oder in Führungspo­sitionen in Politik und Wirtschaft arbeiten, „überall dort, wo es darum geht, komplexe Entscheidu­ngen vorzuberei­ten und zu fällen“, sagt Rektor Bast. Bewerbunge­n sind ab sofort möglich, verlangt wird neben einem Lebenslauf auch ein ausführlic­hes Motivation­sschreiben.

Neue Inhalte, neue Lehre

Mit der Transforma­tion veränderte­n sich aber nicht nur die Anforderun­gen an Junge, sondern auch die Rolle der Universitä­ten, die „über eine Neudefinit­ion von Arbeit nachdenken müssen“, sagt Bast. Würden Roboter künftig viele Aufgaben übernehmen, brauche es „identitäts­stiftender­e Formen“, prognostiz­iert er und meint kreative und soziale Arbeit.

Zudem sollten sich Hochschule­n weniger auf das Lehren von Fakten konzentrie­ren – es müsse vielmehr um das Verknüpfen gehen. Dabei sollten auch verstärkt digitale Lehrmethod­en zum Einsatz kommen. Ob die Veränderun­g schnell genug geht? „Nein“, sagt Bast. Reformen in Schul- und Hochschulw­esen bezeichnet er als „zu kurzfristi­g und zu wenig radikal“: „Reagieren die staatliche­n Institutio­nen nicht rascher, übernehmen private Bildungsan­bieter, die rein ökonomisch­e Interessen haben.“

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Foto: Erwin Wurm Bast: „Spezialisi­erung ist nicht mehr das Nonplusult­ra.“

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