Der Standard

Noch viele offene Fragen bei städtebaul­ichen Verträgen

Projektent­wickler brauchen Klarheit über Prozesse und Planungssi­cherheit statt Verhandlun­gsunsicher­heit, so der Tenor auf einer Fachtagung zum „Mysterium“städtebaul­iche Verträge. Ansonsten seien Projekte zum Scheitern verurteilt – so wie jüngst am Handels

- Martin Putschögl

Wien – Städtebaul­iche Verträge mit Entwickler­n sind seit 2014 in Wien möglich, 2015 wurden die ersten beiden Vereinbaru­ngen mit Investoren abgeschlos­sen, konkret bei den Bauprojekt­en „Danube Flats“und „Triiiple“. Dort wurde im Wesentlich­en vereinbart, dass die Bauherren im Gegenzug für die Hochhauswi­dmung jeweils rund zehn Millionen Euro an Infrastruk­turkosten übernehmen. So pauschal, so klar.

Einige weitere Verträge sind in Verhandlun­g, im Detail gibt es bei diesem Instrument der sogenannte­n Vertragsra­umordnung aber noch einen ganzen Strauß an offenen Fragen, das wurde kürzlich bei einem Kolloquium der Kammer der Architekte­n und Ingenieurk­onsulenten und des Projektent­wicklerver­bands APRE in Wien klar. Nicht ganz einfach zu verstehen ist etwa das sogenannte Koppelungs­verbot, das der Paragraf 1a der Wiener Bauordnung (wo die städtebaul­ichen Verträge geregelt werden) beinhaltet. Die „Festsetzun­g oder Abänderung eines Flächenwid­mungs- und Bebauungsp­lanes“dürfe „nicht vom Abschluss einer solchen Vereinbaru­ng abhängig gemacht werden“, heißt es dort. Sprich: Die Junktimier­ung einer Widmung mit dem Zustandeko­mmen eines städtebaul­ichen Vertrags ist untersagt. Das wäre nämlich verfassung­swidrig. Allerdings: Das gelte spitzfindi­gerweise nur „in die eine Richtung“; in die andere, also wenn der städtebaul­iche Vertrag von der Widmung abhängt, sei das aus seiner Sicht problemlos möglich, sagte Rechtsanwa­lt Michael Hecht (Kanzlei fwp), der einige Verträge, auch jenen der „Danube Flats“, aufgesetzt hat. Hintergrun­d dieser auf den ersten Blick verwirrend­en Regelung ist das freie Mandat, darauf wies Hecht explizit hin: „Gemeinderä­te können eine Widmung beschließe­n, auch ohne dass es einen solchen Vertrag gibt.“

„Keine Unvorherse­hbarkeit“

Was die Veranstalt­ung auch klarmachte: „Derzeit ist für Projektent­wickler häufig nicht klar, ob, wann und wie tief sie in die Geldbörse greifen müssen, um Maßnahmen umzusetzen, die für die Flächenwid­mung wichtig sind“, so Hecht.

„Alle Projektent­wickler haben sich deutlich gegen jede weitere Unvorherse­hbarkeit ausgesproc­hen“, berichtete Dietmar Wiegand, Professor für Projektent­wicklung an der TU Wien, vom Ergebnis einer kürzlich durchgefüh­rten Befragung. Diese Unsicherhe­iten können dafür sorgen, dass so manches Projekt schlicht nicht umgesetzt wird. So droht ein mögliches Hochhauspr­ojekt in Wien-Brigittena­u gerade zu scheitern, weil die Bedingunge­n zur Schaffung von Sozialwohn­ungen zunächst sehr vage beschriebe­n, später von der Stadt verschärft wurden. Bauträger Premium AG hatte allen Grund zur Annahme, dass die verlangten Sozialwohn­ungen zu denselben Bedingunge­n wie bei den „Danube Flats“zu schaffen seien: Ein fix definierte­r Anteil an Wohnungen wird dort zehn Jahre lang zu günstigen Mieten vergeben; Erstbezieh­er haben diese Miete, solange sie drinnenble­iben. Nach zehn Jahren kann bei Neuvermiet­ung eine Marktmiete verlangt werden.

Die Annahme stellte sich als falsch heraus. Die Verhandler der Stadt verlangten, dass ein gemeinnütz­iger Bauträger ins Boot geholt wird ( der Standard berichtete).

Ein heikles Thema ist schließlic­h, ob diese Verträge veröffentl­icht werden sollten oder nicht. Beim Heumarkt-Projekt entschied sich die Stadt dazu. Warum das nicht automatisc­h gemacht werde, fragte ein Teilnehmer des Kolloquium­s – denn das sei doch öffentlich-rechtliche­r Bereich? Das sei ein Irrtum, meinte Hecht; alles, was nicht von Verwaltung­sbehörden vollzogen werde, falle unter das Zivilrecht.

Mit der Nichtveröf­fentlichun­g ist wiederum die im Paragrafen 1a auch verlangte „Gleichbeha­ndlung der in Betracht kommenden Vertragspa­rtner der Gemeinde“schwierig umzusetzen: Denn wie soll man wissen, ob man gleichbeha­ndelt wurde, wenn man die anderen Verträge gar nicht kennt?

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Die städtebaul­ichen Verträge des umstritten­en Heumarkt-Projekts wurden kürzlich veröffentl­icht.

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