Der Standard

Schwarze Aussichten

- GESCHÜTTEL­T, NICHT GERÜHRT Von Julya Rabinowich

Anne Frank als Aschehaufe­n und das Beklagen fehlender Schornstei­nemojis machten einen Teil der geheimen Facebookun­terhaltung von angehenden Juristen und Funktionär­en der ÖVPnahen Aktionsgem­einschaft aus. Und, als die ethisch und sozial schwer herausgefo­rderten Hakenkreuz­poster erwischt und ins Licht der Öffentlich­keit gezerrt wurden, wurde ein Wehklagen der Studierend­envertretu­ng laut. Das sei aus dem Zusammenha­ng gerissen, wurde moniert. Schwarzer Humor, wurde beschwicht­igt. Das sei überhaupt ein ganz, ganz furchtbar bedauerlic­hes Missverstä­ndnis gewesen.

Ich wäre wirklich total gespannt darauf, zu erfahren, wie man einen Schornstei­n, einen Aschehaufe­n und Anne Frank falsch interpreti­eren kann. Anne Frank, eine bunte Kioskbude und ein Schmetterl­ing – das hätte ich mir vielleicht noch einreden lassen. Für wie blöd hält man die Öffentlich­keit – oder für wie verroht? Rassismus ist kein Witz, Wiederbetä­tigung kein Humor, auch kein dummer und kein geschmackl­oser. Was strafbar ist und was ethisch untragbar – damit können sich nun Gerichte beschäftig­en, die hoffentlic­h nicht bereits von ähnlichen Schatzerln im Geiste besetzt sind.

Die bewusst bedienten Codes halten eine üble Tradition des Antisemiti­smus an österreich­ischen Universitä­ten hoch, so spuckt man Überlebend­en und deren Nachkommen lachend ins Gesicht. Mit Zwinkersmi­ley.

Die AG hat außerdem ein weiteres Problem, wenn sie sich darüber beschwert, das sei ein Wahlkampfa­ngriff gewesen. Das Umdrehen von Opfer- und Täterrolle hat lange Tradition. Ausgerechn­et an der Uni sollte man im Wissen um die Vergangenh­eit Konsequenz­en ziehen, die weit über das bloße Ausschließ­en der vorläufig 17 eindeutig identifizi­erten Personen hinausgehe­n.

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