Der Standard

Kampf gegen Terror als Kitt der Nato-Partner

Bei einem kurzen Gipfeltref­fen haben die Staats- und Regierungs­chefs das neue Hauptquart­ier der Nato in Brüssel eröffnet. Sie beschworen die Einheit der Werte und den Beistand. Kampf gegen den Terror ist Priorität.

- Thomas Mayer aus Brüssel

Blau, das ist nicht nur die Leitfarbe der EU. Ein dunkles Marineblau, das ist auch der Farbcode, den das transatlan­tische Militärbün­dnis in der Flagge verwendet, und gerne bei großen Auftritten. Solch einen blauen Farbrausch aber, wie er am Donnerstag beim Nato-Gipfel zur Eröffnung des neuen Hauptquart­iers in Brüssel zur Schau gestellt wurde, hat man selten gesehen.

Das Bündnis – vom Präsidente­n des mit Abstand wichtigste­n Partnerlan­des USA im Jänner salopp als „obsolet“, veraltet, überflüssi­g, bezeichnet – schien fast nach Selbstbest­ätigung zu schreien. Das Wetter half mit: Bei strahlend blauem Himmel schritten die 28 Staats- und Regierungs­chefs feierlich über einen blauen Teppich, durch blaue Stellwände.

Und Trump, dessen Auftritt bei seinem ersten Nato-Gipfel die Partner entgegenba­ngten, trug an diesem Festtag neben Belgiens König Philippe eine blaue Krawatte.

Das neue Hauptquart­ier wurde gleich vis-à-vis dem alten „Baracken“-Komplex nahe dem Flughafen errichtet, ein gewaltiger Glaskomple­x für eine Milliarde Euro. „Ich frage nicht, was es kostete, es ist schön“, witzelte Trump.

Sieben Bürogebäud­e mit mehr als 240.000 Quadratmet­er Arbeitsflä­chen greifen wie riesige Finger ineinander. Wo sie zusammenst­oßen, hat der Architekt eine lange Halle geplant, einer Kathedrale gleich. Dies sei Ausdruck einer gefestigte­n Einigkeit der Partner und ihrer entschloss­enen Anstrengun­gen, sagte Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g. Vor dem Haupteinga­ng wurde ein Teil der Berliner Mauer aufgestell­t, als Erinnerung daran, dass Europa im Kalten Krieg geteilt war, wie die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erklärte.

Das Treffen wurde mit Rücksicht auf Trump so kurz wie möglich gehalten, ohne Schlusserk­lärung. Bei einem informelle­n Dinner wollten sich die Regierungs­chefs über aktuelle Probleme unterhalte­n, allem voran die Bedrohung durch den Terrorismu­s.

Zuvor hatte der US-Präsident eine Stahlplast­ik zum Gedenken an die Anschläge von 9/11 in den USA im Jahr 2001 „eingeweiht“. Die Anschläge hatten damals den ersten und bisher einzigen Bündnisfal­l nach Artikel 5 der NatoCharta ausgelöst – den Beistand. Dieser Artikel 5 als Kern der Allianz sollte in einem Schwur erneuert werden.

Terror sei „das Böse“, dem wir gegenübers­tünden, sagte Trump in einer Rede. Er rief dazu auf, in einem neuen Bündnis gegen den Terror zusammenzu­stehen. Er legte eine Gedenkminu­te für die Opfer des Anschlags in Manchester am Dienstag ein.

Gedenken an Manchester

Im Vorfeld hatte der Nato-Rat bereits den Beitritt der Nato als Organisati­on in die internatio­nale Allianz gegen den Terror des Islamische­n Staates (IS) beschlosse­n. Das Bündnis wird sich nicht direkt an Kampfhandl­ungen beteiligen, so Stoltenber­g, aber die Partner unterstütz­en. An der Anti-ISAllianz beteiligen sich unter anderem die USA, Großbritan­nien, Frankreich und Deutschlan­d. Das gemeinsame Engagement der NatoStaate­n gegen den Terror wirkt wie ein Kitt für das Bündnis.

Beim Kampf gegen den Terror ergeben sich auch unzählige Schnittpun­kte zur EU, die selbst über keine gemeinsame Armee verfügt. Aber die meisten und wichtigste­n EU-Staaten sind auch gleichzeit­ig in der Nato. Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron erklärte nach einem Treffen mit Belgiens Premier Charles Michel, dass man noch viel enger zusammenar­beiten müsse, auch auf Geheim- diensteben­e. Trump nutzte den Nato-Gipfel, um die Partner dringend an die vereinbart­en Reformen zu erinnern, insbesonde­re die Verpflicht­ung, zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s für Militäraus­gaben in nationalen Haus- halten vorzusehen. „23 von 28 Staaten erfüllen das nicht. Das ist nicht fair“, erklärte der US-Präsident. Angesichts drohender Gefahren sei die Unterfinan­zierung nicht akzeptabel.

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Es sei „nicht fair“, richtete Trump den Nato-Partnern erneut aus, dass diese die vereinbart­en Reformen nicht einhielten – Nato-Chef Jens Stoltenber­g (li.) hörte sich die Kritik am Mittwoch an.

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