Kampf gegen Terror als Kitt der Nato-Partner
Bei einem kurzen Gipfeltreffen haben die Staats- und Regierungschefs das neue Hauptquartier der Nato in Brüssel eröffnet. Sie beschworen die Einheit der Werte und den Beistand. Kampf gegen den Terror ist Priorität.
Blau, das ist nicht nur die Leitfarbe der EU. Ein dunkles Marineblau, das ist auch der Farbcode, den das transatlantische Militärbündnis in der Flagge verwendet, und gerne bei großen Auftritten. Solch einen blauen Farbrausch aber, wie er am Donnerstag beim Nato-Gipfel zur Eröffnung des neuen Hauptquartiers in Brüssel zur Schau gestellt wurde, hat man selten gesehen.
Das Bündnis – vom Präsidenten des mit Abstand wichtigsten Partnerlandes USA im Jänner salopp als „obsolet“, veraltet, überflüssig, bezeichnet – schien fast nach Selbstbestätigung zu schreien. Das Wetter half mit: Bei strahlend blauem Himmel schritten die 28 Staats- und Regierungschefs feierlich über einen blauen Teppich, durch blaue Stellwände.
Und Trump, dessen Auftritt bei seinem ersten Nato-Gipfel die Partner entgegenbangten, trug an diesem Festtag neben Belgiens König Philippe eine blaue Krawatte.
Das neue Hauptquartier wurde gleich vis-à-vis dem alten „Baracken“-Komplex nahe dem Flughafen errichtet, ein gewaltiger Glaskomplex für eine Milliarde Euro. „Ich frage nicht, was es kostete, es ist schön“, witzelte Trump.
Sieben Bürogebäude mit mehr als 240.000 Quadratmeter Arbeitsflächen greifen wie riesige Finger ineinander. Wo sie zusammenstoßen, hat der Architekt eine lange Halle geplant, einer Kathedrale gleich. Dies sei Ausdruck einer gefestigten Einigkeit der Partner und ihrer entschlossenen Anstrengungen, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Vor dem Haupteingang wurde ein Teil der Berliner Mauer aufgestellt, als Erinnerung daran, dass Europa im Kalten Krieg geteilt war, wie die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erklärte.
Das Treffen wurde mit Rücksicht auf Trump so kurz wie möglich gehalten, ohne Schlusserklärung. Bei einem informellen Dinner wollten sich die Regierungschefs über aktuelle Probleme unterhalten, allem voran die Bedrohung durch den Terrorismus.
Zuvor hatte der US-Präsident eine Stahlplastik zum Gedenken an die Anschläge von 9/11 in den USA im Jahr 2001 „eingeweiht“. Die Anschläge hatten damals den ersten und bisher einzigen Bündnisfall nach Artikel 5 der NatoCharta ausgelöst – den Beistand. Dieser Artikel 5 als Kern der Allianz sollte in einem Schwur erneuert werden.
Terror sei „das Böse“, dem wir gegenüberstünden, sagte Trump in einer Rede. Er rief dazu auf, in einem neuen Bündnis gegen den Terror zusammenzustehen. Er legte eine Gedenkminute für die Opfer des Anschlags in Manchester am Dienstag ein.
Gedenken an Manchester
Im Vorfeld hatte der Nato-Rat bereits den Beitritt der Nato als Organisation in die internationale Allianz gegen den Terror des Islamischen Staates (IS) beschlossen. Das Bündnis wird sich nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligen, so Stoltenberg, aber die Partner unterstützen. An der Anti-ISAllianz beteiligen sich unter anderem die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Das gemeinsame Engagement der NatoStaaten gegen den Terror wirkt wie ein Kitt für das Bündnis.
Beim Kampf gegen den Terror ergeben sich auch unzählige Schnittpunkte zur EU, die selbst über keine gemeinsame Armee verfügt. Aber die meisten und wichtigsten EU-Staaten sind auch gleichzeitig in der Nato. Der französische Präsident Emmanuel Macron erklärte nach einem Treffen mit Belgiens Premier Charles Michel, dass man noch viel enger zusammenarbeiten müsse, auch auf Geheim- dienstebene. Trump nutzte den Nato-Gipfel, um die Partner dringend an die vereinbarten Reformen zu erinnern, insbesondere die Verpflichtung, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militärausgaben in nationalen Haus- halten vorzusehen. „23 von 28 Staaten erfüllen das nicht. Das ist nicht fair“, erklärte der US-Präsident. Angesichts drohender Gefahren sei die Unterfinanzierung nicht akzeptabel.