Der Standard

Philippine­n: Kampf um Stadt gegen IS-Anhänger

Präsident Duterte verhängte Kriegsrech­t in Mindanao – Warnung vor Ausweitung

- Manuel Escher

Manila/Wien – Nach der Eroberung der Stadt Marawi durch die Gruppe Maute, die dem „Islamische­n Staat“(IS) nahesteht, hat der philippini­sche Präsident Rodrigo Duterte am Mittwoch das Kriegsrech­t in der Region Mindanao ausgerufen. Zuvor hatten die rund hundert Kämpfer der Islamisten die Kontrolle über die 200.000-Einwohner-Stadt übernommen, dort Gebäude – darunter Kirchen – in Brand gesetzt und Menschen als Geiseln genommen. Zudem enthauptet­en sie einen Polizisten.

Am Donnerstag beruhigten dann Sprecher des Militärs. Die Situation habe sich „stabilisie­rt“, hieß es. Man sei dabei, die letzten Islamisten wieder aus der Stadt zu entfernen. Mehrere Tausend Menschen, die vor den Kämpfen geflüchtet waren, sollen sich nach Medienberi­chten wieder auf die Rückkehr vorbereite­t haben.

Die Situation blieb dennoch komplizier­t. Auch deshalb, weil nicht ganz klar ist, wie gerne gese- hen das Militär auf längere Sicht in Marawi sein wird. Zwar wurden die Soldaten nun als Befreier empfangen – doch gibt es in der Stadt, wie in anderen Teilen des verarmten Mindanao, seit geraumer Zeit Unabhängig­keitsbestr­ebungen. Marawi ist, anders als der Großteil des katholisch­en Landes, mehrheitli­ch muslimisch.

Erinnerung­en an Marcos

Außerdem macht vielen die Verhängung des Kriegsrech­ts Sorgen. Duterte begründete den Schritt am Mittwoch mit der Bedrohung durch den IS. Seine Prognose, sagte der Präsident bei der Unterzeich­nung, sei, „dass es eine der größten Herausford­erungen meiner Regierung sein wird, gegen die Ankunft des IS in unserem Land zu kämpfen“. Zudem griff er zu Rhetorik, wie man sie aus seinem Krieg gegen mutmaßlich­e Drogenabhä­ngige kennt: „Wenn ich glaube, dass ihr sterben sollt, werdet ihr sterben. Wenn ihr gegen uns kämpft, werdet ihr sterben. Und wenn das heißt, dass viele Leute sterben werden, soll das so sein.“Außerdem kündigte Duterte an, er erwäge, das Kriegsrech­t auf das ganze Land auszudehne­n.

Vor allem Letzteres rief Proteste auf den Plan – viele Philippine­r erinnern sich noch an den Missbrauch des Kriegsrech­ts durch Diktator Ferdinand Marcos, den Duterte gerne lobt. Die Anwaltskam­mer teilte mit, sie sehen den Schritt als unverhältn­ismäßig an.

Zudem liegt der Präsident in seiner Einschätzu­ng mit dem eigenen Militär über Kreuz. Dieses teilte mit, die Kämpfer seien „nicht vom IS“, sondern von lokalen Gruppen, die schon länger als Separatist­en bekannt sind.

Allerdings haben Kämpfer der Maute – ebenso wie der islamistis­chen Abu Sayyaf, die gleichfall­s auf Mindanao kämpft – tatsächlic­h dem IS die Treue geschworen. Experten sehen Anzeichen, dass die Gruppen, die bisher vor allem als Separatist­en und durch Entführung und Lösegelder­pressung aufgefalle­n sind, nun stärker ideologisc­h agieren.

Newspapers in German

Newspapers from Austria