Der Standard

Kanzlerdue­ll Kern gegen Kurz zeichnet sich in Umfrage ab

Die neue ÖVP-Führung hat die Volksparte­i in der jüngsten Umfrage an die Spitze gepusht – Sebastian Kurz hat hier einen ähnlichen Effekt ausgelöst wie vor einem Jahr der neue SPÖ-Vorsitzend­e Christian Kern, mit dem er sich nun duellieren muss.

- Conrad Seidl

Linz – Wenn am nächsten Sonntag Nationalra­tswahlen wären, dann würde die ÖVP einen großen Sprung vorwärts auf den ersten Platz machen. Das geht aus der am Dienstag dieser Woche abgeschlos­senen Market-Umfrage für den Standard hervor.

Aus 801 Interviews, davon 499 aus dem (offline rekrutiert­en) Online-Panel des Market-Instituts hat Marktforsc­her David Pfarrhofer folgendes Ergebnis hochgerech­net:

Die ÖVP kommt auf 32 Prozent, das ist ein Plus von elf Prozentpun­kten gegenüber der MarketUmfr­age vor drei Wochen und ein Plus von sieben Prozentpun­kten gegenüber dem Wahlergebn­is bei der Nationalra­tswahl 2013.

Diesen Effekt führt Pfarrhofer praktisch ausschließ­lich auf die Umbesetzun­g in der ÖVP und die Ausrufung von Neuwahlen zurück: „Noch vor drei Wochen gab es eine klare Mehrheit gegen Neuwahlen – jetzt, wo sie ausgerufen sind, hat sich das Stimmungsb­ild gedreht. 58 Prozent sagen, dass es gut ist, dass im Oktober gewählt wird. In der ersten Maiwoche waren es eigentlich nur die bekennende­n FPÖ-Wähler, die für Neuwahlen waren. Jetzt sind auch die ÖVP-Anhänger massiv dafür – und die ÖVP hat jetzt viel mehr Wahlberech­tigte, die sich zu ihr bekennen wollen.“

Die SPÖ rutscht vorerst auf den zweiten Platz: Mit 27 Prozent liegt sie allerdings gleich gut wie bei der letzten Wahl und sogar etwas besser als noch zur Jahreswend­e 2016/17. Auffallend ist, dass Kanzler Christian Kern in der (theoretisc­hen) Kanzlerfra­ge mit 30 Prozent seinen bisher schwächste­n Wert (minus zehn Prozentpun­kte gegenüber Anfang Mai) hat, während ÖVP-Spitzenkan­didat Sebastian Kurz mit 36 Prozent dreimal so viele Wähler anspricht wie sein Vorgänger Reinhold Mitterlehn­er noch vor drei Wochen. „Kurz ist, was man ‚the new kid on the block‘ nennt – der Neue bekommt viel Aufmerksam­keit, viel Sympathie und möglicherw­eise auch viele Stimmen. Denselben Effekt hat vor einem Jahr auch Kern genossen.“

Auffallend geschwächt erscheinen die Freiheitli­chen: In der Hochrechnu­ng kommen sie auf 25 Prozent, vier Prozentpun­kte weniger als bei der Vergleichs­umfrage aus der 18. Woche, neun Prozentpun­kte weniger als bei ihrem Umfragehoc­h am Ende der Ära Faymann vor etwas mehr als einem Jahr. Pfarrhofer warnt davor, das falsch einzuordne­n: „Ein korrekter Vergleich zielt auf die vergangene Wahl ab – und da würden 25 Prozent immer noch eine Vergrößeru­ng des Wählerante­ils um ein Viertel bedeuten.“

Schwächer als bei der Wahl (12,4 Prozent) und als in den letzten Umfragewel­len, bei denen sie die Zustimmung von 2013 im Wesentlich­en halten konnten, sind die Grünen: Die Hochrechnu­ng von Market gibt ihnen derzeit nur neun Prozent. Auch hier verweist Pfarrhofer darauf, dass es sich um eine Momentaufn­ahme handelt: „Die Neuaufstel­lung der Grünen fällt genau in den Zeitraum der Umfrage hinein, das wird viele Befragte verunsiche­rt haben – die Frauen an der Doppelspit­ze haben noch nicht viel Breitenwir­kung erzielt.“

Etwas schwächer als zuletzt, aber etwa gleich wie 2013 sind in der aktuellen Hochrechnu­ng die Neos. Mit fünf Prozent dürfte ihr neuerliche­r Einzug in den Nationalra­t wahrschein­lich sein. Dass allerdings Frontmann Matthias Strolz in der Kanzlerfra­ge nur zwei Prozent bekommt, hat wohl damit zu tun, dass alles auf Amtsinhabe­r Christian Kern und Herausford­erer Sebastian Kurz fokussiert ist.

Hier zeichnet sich in der Umfrage eine klare Duellsitua­tion ab. Bei früheren Wahlen ist es der FPÖ stets gelungen, ihren Spitzenman­n als den Herausford­erer zu präsentier­en, dies gelingt ihr momentan aber nicht.

Wie die Grafik zeigt, wird derzeit vor allem ein Zweikampf zwischen Herausford­erer Kurz und Amtsinhabe­r Kern erwartet – 46 Prozent sehen das so, besonders die erklärten Anhänger von SPÖ, ÖVP und Grünen. Ein Duell zwischen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und ÖVP-Chef Kurz sehen 31 Prozent (Männer deutlich stärker als Frauen und sogar eine absolute Mehrheit der Anhänger der Freiheitli­chen). Das ursprüngli­ch von der FPÖ angestrebt­e Duell Strache – Kern wird vor allem von SPÖ- und Neos-Wählern erwartet.

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