Götzis, Nabel der Mehrkampfwelt
Am Wochenende findet das 43. Hypo-Meeting in Götzis statt, es ist ein Fixpunkt im Kalender der Mehrkämpfer. Im Ländle wurden Weltrekorde aufgestellt, die Nähe zu den Fans lockt auch die größten Stars an.
Götzis/Wien – Götzis ist keine Metropole im engeren Sinn. Vorarlberg, genauer Rheintal, knapp 12.000 Einwohner – und ab und zu ein Leichtathletikweltrekord. Götzis hat eine markante Eigenheit, sie heißt Hypo-Meeting. Jahr für Jahr trifft sich die Weltspitze der Zehnkämpfer und Siebenkämpferinnen im Ländle. Es liegt ein Hauch Anachronismus in der Luft, wenn die bis zu 7000 Fans direkt an der Laufbahn stehen. Genau das mache das Mösle-Meeting aus, sagt Konrad Lerch. Der 77Jährige muss das wissen, denn er hat es erfunden.
Lerch war nicht alleine. Nachdem Sepp Zeilbauer die Fans bei den Staatsmeisterschaften 1973 mit 8000 Punkten begeistert hatte, setzte sich ein Gründerquartett ein internationales Meeting in den Kopf, neben Mehrkampf-Nationaltrainer Lerch waren das Elmar Oberhauser, Armin Hug und Werner Ströhle. „Wir waren alle leidenschaftlich überzeugt – ‚Lass uns das einmal versuchen!‘“, erzählt Lerch, der 2010 seine Funktionen zurücklegte.
Der damalige ÖLV-Coach rekrutierte über seine Trainerkollegen internationale Stars, das Quartett stellte die nötigen Freiwilligen auf: „Wir haben alle am gleichen Strang gezogen.“Heute sind es bis zu 400 Ehrenamtliche – „vom Kampfrichter über den Ordner hin bis zum Würstelbrater“. Beim ersten Meeting 1975 regnete es zwei Tage durch, es riss ein Loch ins Budget des lokalen Leichtathletikvereins LG Montfort. Die Zu- schauer blieben trotzdem. „Das hat uns überrascht und ermutigt, es nochmal zu versuchen“, sagt Lerch. 1976 war das Wetter schön, ab da ging es bergauf.
Daley Thompson lieferte 1980 mit seinem Weltrekord das erste große Highlight, 1982 legte er mit 8730 Punkten nach. Die Weltstars mochten das Meeting, Götzis wurde dank seiner volksnahen Atmosphäre Marktführer. „Das geht nur in einem kleinen Stadion“, sagt Lerch. 2001 bezeugte das kleine Mösle-Stadion Großes: Roman Sebrle knackte als erster Zehnkämpfer die 9000-Punkte-Schallmauer. „Ich habe gesehen, wie die Menschen auf der Bühne geweint haben“, erinnert sich Lerch.
Immer weiter
Seit 1998 gibt es ein Saisonranking der Mehrkampfmeetings, die besten acht Athletinnen und Athleten kommen in die Wertung. Götzis ist meist vorne, manchmal sogar vor Olympischen Spielen. „Die Qualität der Veranstaltung wird immer hinterfragt“, sagt Lerch, man war stets innovativ. Anfang der 1980er-Jahre begann Götzis, Disziplinensieger auszuzeichnen: „Da waren wir Vorreiter.“
2016 dankten viele ZehnkampfGrößen ab, die heurige Starterliste des Mösle-Meetings kann sich trotzdem sehen lassen: 21 Medaillengewinnerinnen und -gewinner bei EM, WM und Olympia, darunter die Olympiasiegerin Nafissatou Thiam. Mit Dominik Distelberger, Ivona Dadic und Zukunftshoffnung Sarah Lagger ist auch Österreichs Elite am Start.
Zusehen dürfte auch das Gründerquartett, es trifft sich regelmäßig in Götzis. Dieses Wochenende bekommen sie hohen Besuch: Roman Sebrle hat sich angekündigt.