Der Standard

Wie Flamingos Energie sparen

Schon lange wird gerätselt, warum Flamingos und andere Vögel häufig auf nur einem Bein stehen. Geht es nach einer neuen Studie, ist diese Position derart energiespa­rend und stabil, dass selbst tote Tiere nicht umfallen.

- David Rennert

Atlanta/Wien – Ihre charakteri­stischen langen, dünnen Beine bescheren den Flamingos einen Rekord: Im Verhältnis zur Körpergröß­e sind sie länger als bei allen anderen Vögeln der Welt, das gilt auch für ihren Hals. Diese auffällige­n Merkmale ermögliche­n es, in größere Tiefen zu waten und dort nach Plankton zu schnabeln.

Warum Flamingos aber regelmäßig nur von einer ihrer grazilen Stelzen Gebrauch machen, stellt Biologen wie Zoobesuche­r schon lange vor ein Rätsel. Sie sind freilich bei weitem nicht die einzigen Vögel, die ausdauernd auf nur einem Bein stehen können und in dieser Position sogar schlafen. Die mehr oder weniger rosa gefärbten Wasservöge­l scheinen dafür aber geradezu prädestini­ert zu sein.

In der Vergangenh­eit vermuteten Forscher, dass das einbeinige Stehen der Regulierun­g der Körpertemp­eratur dienen könnte: Die Vögel nehmen diese Haltung seltener an Land ein als im Wasser, wo ein größerer Verlust an Körperwärm­e droht. Einer anderen Theorie zufolge könnte die Position schlicht eine Maßnahme gegen Ermüdungse­rscheinung­en sein – da- für spricht, dass die Flamingos immer wieder abwechseln, welches Bein sie belasten.

Forscher um Young-Hui Chang vom Georgia Institute of Technology in Atlanta wollen das Rätsel nun endgültig gelöst haben: Die Vögel sparen dadurch ihrer Ansicht nach Energie. Für ihre Studie im Fachblatt Biology Letters untersucht­en die Wissenscha­fter die biomechani­schen Grundlagen des Flamingost­ands und entdeckten ein Phänomen, das sie als „passiven gravitativ­en Standmecha­nismus“bezeichnen: Bei Flamingos liegen Hüfte und Knie im Körper verborgen, das Knie ist in der Standposit­ion angewinkel­t. Der Körperschw­erpunkt liegt genau vor dem Knie, dadurch wirken die Gelenke enorm stabilisie­rend – und machen Kraftaufwa­nd völlig obsolet.

Stehende Tote

Die Wissenscha­fter untersucht­en nicht nur lebende Flamingos, sondern führten auch an toten Tieren Experiment­e durch. Dabei erwies sich der einbeinige Stand als derart stabil, dass selbst Flamingoka­daver in dieser Stellung selbststän­dig stehen können – auf zwei Beinen aber nicht.

„Das war der Aha-Moment“, sagte Koautorin Lena Ting. Das Stehen auf zwei Beinen erfordere Muskelkraf­t, in der einbeinige­n Position trage sich der Körper hingegen gewisserma­ßen von selbst. „Auf zwei Beinen zu stehen erfordert ein konstantes Ausgleiche­n von Schwankung­en durch die Muskulatur und verbraucht Energie“, so Ting. Das sparen sich die Flamingos offenbar – und machen dabei auch noch eine gute Figur.

 ??  ??
 ??  ?? Auf einem Bein zu stehen sieht nicht nur lässig aus, sondern ist für Flamingos offenbar eine völlig mühelose Position.
Auf einem Bein zu stehen sieht nicht nur lässig aus, sondern ist für Flamingos offenbar eine völlig mühelose Position.

Newspapers in German

Newspapers from Austria